Musikalische Flashmobs – Funktioniert der öffentliche Raum noch als Bühne?
Hauptsächlicher Artikelinhalt
Abstract
Dieser Aufsatz diskutiert die Krise des fehlenden Nachwuchspublikums in der klassischen Musik, insbesondere dem Musiktheater, und bietet einen Überblick über Projekte außerhalb des Stadt- und Staatstheaters. Ausgehend von Open-Air-Konzerten sollen musikalische Flashmobs vorgestellt werden, deren Ziel es ist, Passanten rein zufällig anzusprechen. Die Untersuchung des Repertoires wird eine Kanonbildung sichtbar machen, die mit akustischen Vorteilen beim Bespielen des öffentlichen Raumes zusammenhängt. Arien aus der Oper La Traviata oder Ravels Bolero verfügen zum Beispiel über besonders wirksame Einsätze, die schnell die Aufmerksamkeit von Menschenmassen erlangen. Nach einer historischen Einordung des Flashmobs als Phänomen digitaler Mobilisierung soll seine heutige Krise im Zusammenhang mit seiner Kommerzialisierung diskutiert und die Aufführungssituation mit der ursprünglichen Idee des Flashmobs verglichen werden. Durch die Ankündigung des Flashmobs gibt es keine unvorbereiteten Passanten mehr, sondern Zuschauer, die mit der Handykamera den angekündigten Moment erwarten. Der Begriff des Flashmobs scheint bereits überholt, das Konzept dahinter bleibt dennoch als Strategie, fehlendes Publikum im städtischen Alltag zu suchen. Während der Flashmob Hauptbahnhöfe wählt, um möglichst viele Passanten zu erreichen, wird bei Projekten wie Oper für Obdachlose, La Bohème im Hochhaus oder Eichbaum Oper der Bahnhof zum „Passagenraum“ für kulturelle und soziale Diversität. Der Aufsatz diskutiert Vor- und Nachteile solcher Projekte und rückt dabei sowohl interkulturelle Publikumsentwicklungen in den Vordergrund, als auch Inszenierungsstrategien von Youtube-Videos, an dessen Rezipienten sich Flashmobs maßgeblich richten.