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Rezension: „Harry Potter und die Gesetze der Macht“ von Jannina Schäffer
Unsere Redakteurinnen Franziska Stein und Lena Bitz haben die viel diskutierte Dissertation „Harry Potter und die Gesetze der Macht – Wie das Strafprozessrecht als ‚Machtinstrument‘ im Kampf zwischen ‚Gut‘ und ‚Böse‘ missbraucht werden kann am Beispiel der Harry-Potter-Bücher von J. K. Rowling und unter Berücksichtigung des deutschen Strafrechts sowie der Besonderheiten im NS-Staat“ von Jannina Schäffer (Fachmedien Recht und Wirtschaft, dfv Mediengruppe, ISBN: 978-3-8005-1951-4, Juli 2024) unter die Lupe genommen und kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen.
Rezension von Franziska Stein
Die Veröffentlichung der Dissertation über „Harry Potter und die Gesetze der Macht“ hat zu einem regen Diskurs über die Frage geführt, ob sich ein solches Thema überhaupt für eine Doktorarbeit eignet. Wie man diese Frage beantwortet, mag im Auge des Betrachters liegen. Anstatt den rechtswissenschaftlichen Wert der Dissertation auf maximal 280 Zeichen in Frage zu stellen, möchte ich – eine Harry-Potter-begeisterte Jurastudentin – mich allerdings mit dem inhaltlichen Erkenntnisgewinn der Autorin auseinandersetzen.
Welche Forschungsfrage liegt der Arbeit zugrunde?
Schäffer bezweckt, eine im bisherigen rechtswissenschaftlichen Harry-Potter-Diskurs bestehende Forschungslücke zu füllen: So soll in der Arbeit das Recht der magischen Welt erstmals mit dem aktuellen deutschen Strafrecht verglichen werden. Außerdem soll die bereits vorhandene Forschung dazu, welche Parallelen zwischen dem Aufstieg Lord Voldemorts und rechtlichen Entwicklungen während der NS-Zeit in Deutschland bestehen, vertieft werden (S. 24).
Das Rechtssystem der magischen Welt
Die ersten 60 Seiten führen überblicksweise in das Thema ein. Zum einen wird die Rechtsdisziplin „Law and Literature“ erklärt, der sich die vorliegende Arbeit zuordnen lässt. Zum anderen fasst Schäffer – eher im Stil einer literarischen Analyse – die Entstehung und den Inhalt der sieben Harry-Potter-Bücher zusammen, die Hauptuntersuchungsgegenstand der Arbeit sind.
Den größten Teil der Arbeit (ca. 400 Seiten) bildet jedoch die Analyse von „Recht und Politik in Harry Potter“. Hier analysiert Schäffer die Bücher in staats- und strafrechtlicher Hinsicht, indem sie zunächst darstellt, was den Harry-Potter-Büchern zu einem bestimmten rechtlichen Thema (z. B. Rolle der Presse, Ablauf des Strafverfahrens) zu entnehmen ist. Danach folgt jeweils ein Vergleich mit dem aktuellen deutschen Rechtssystem und den Entwicklungen in der NS-Zeit. Sie untersucht zuletzt, welche Parallelen zwischen dem Aufstieg Lord Voldemorts und der Machtergreifung Adolf Hitlers sowie der Schreckensherrschaft der Nationalsozialisten bestehen. Diese strukturierte Analyse wird ab S. 334 aufgelockert, indem Schäffer alle aus den Büchern bekannten Gerichtsprozesse nacheinander analysiert (neben der disziplinarischen Anhörung von Harry Potter z. B. auch die Prozesse gegen Barty Crouch Jr., Sirius Black und Voldemorts Onkel Morfin Gaunt). Anhand dieser Prozesse arbeitet die Autorin die Besonderheiten von Gerichtsprozessen in der magischen Welt heraus. Danach geht Schäffer (eher in politischer als rechtlicher Hinsicht) darauf ein, wie Minderheiten (z. B. Muggelstämmige, Kobolde und Hauselfen) in der magischen Welt ausgegrenzt und teilweise verfolgt werden. Damit schlägt sie den Bogen insbesondere zur Verfolgung von Juden und Homosexuellen während der NS-Zeit und findet so einen gelungenen Übergang zum abschließenden Fazit.
Das magische Recht ist nur bruchstückhaft bekannt: ein Problem?
Der der Arbeit zugrundeliegende Forschungsgegenstand – das Recht der Harry-Potter-Welt – ist nur insoweit bekannt, als es in den Büchern aufgegriffen wird oder aus Aussagen von J. K. Rowling hervorgeht. Dies ist für die in der Arbeit vorgenommene Analyse nicht unproblematisch. In fast jedem untersuchten Bereich bleiben Fragen offen, zum Beispiel, wie der Zaubergamot besetzt wird (S. 107) und ob Rechtsnormen aus der magischen Welt als Strafnorm oder Ordnungswidrigkeit einzuordnen sind (z. B. S. 180, 204, 205, 337). Schäffer gelingt eine grundsätzliche Analyse der vorliegenden Informationen trotz dieser Problematik. Allerdings hätte ich mir auch an manch anderer Stelle einen noch vertiefteren Vergleich mit dem deutschen Strafrecht gewünscht, der aber mangels genauerer Informationen zum magischen Recht von Schäffer nicht erbracht werden kann. Der Untersuchungsgegenstand verliert dadurch aber nicht an wissenschaftlicher Relevanz. Vielmehr werden bestehende Lücken in der Informationslage von Schäffer mit eigenen Gedankengängen, die sich plausibel aus dem bekannten magischen Recht ergeben, gefüllt (z. B. S. 121 f., 317, 387). Wer etwa wissen möchte, für welche Tat in der magischen Welt – laut der Schlussfolgerung von Schäffer – die Rechtsfolge des Kusses des Dementors vorgesehen ist, sollte auf S. 215 nachlesen.
Prägnant, strafrechtlich, magisch
Besonders positiv an der Arbeit ist, dass Schäffer es schafft, durchweg verständlich zu schreiben und (trotzdem) der Komplexität des Themas gerecht zu werden. Die Forschungsfrage verliert sie an keiner Stelle aus den Augen. Die Autorin nimmt einen umfassenden Vergleich des magischen Rechts mit dem deutschen Recht während der NS-Zeit vor und schafft damit neue Erkenntnisse. Zwar liegt der Schwerpunkt der Arbeit auf materiellem Strafrecht und Strafprozessrecht (wie auch ihrem Untertitel zu entnehmen ist), aber es werden auch staatsrechtliche Aspekte angeschnitten, zum Beispiel die Klassifikation eines Zaubererstaats als Staat (S. 65), die Wahl des Zaubereiministers (S. 91) oder die (fehlende) Gewaltenteilung in der magischen Welt (S. 95 ff.). Besonders gelungen finde ich etwa den Vergleich des Kusses des Dementors mit der Todesstrafe (S. 212 ff.) und der Spur mit anlassloser Vorratsdatenspeicherung (S. 185 f.). Schäffer bezieht außerdem in ihrer Analyse der Schwachstellen des magischen Rechts die Besonderheiten der magischen Welt, die sich aus der Möglichkeit zu zaubern ergeben, mit ein: So wird etwa auf die besonderen magischen Ermittlungsmethoden Veritaserum, Legilimentik und Priori Incantatem eingegangen (S. 393 ff.) und dargestellt, wie Voldemort durch die Anwendung des Imperius-Fluchs die Konzentration jedweder Macht im Amt des Zaubereiministers (und damit die fehlende Gewaltenteilung) gnadenlos ausnutzt (S. 107 f.).
Die Folgen der Arbeit für die Forschung
Schade ist nur, dass die Arbeit auf Deutsch geschrieben ist. So wird sie in der Forschungsliteratur weltweit wohl schwerlich zum Diskurs beitragen können – der, wie die in der Arbeit zitierte Sekundärliteratur zeigt, international auf Englisch stattfindet. Das Aufgreifen der beliebten Harry-Potter-Bücher in einer deutschsprachigen Doktorarbeit lässt jedoch darauf hoffen, dass die Forschungsdisziplin „Law and Literature“ in der deutschen Rechtswissenschaft an Bekanntheit gewinnt und sie sich – wie bereits im angloamerikanischen Raum – auch in Deutschland etabliert.
Insgesamt kann ich daher eine klare Leseempfehlung für geschichtlich, politisch und literarisch interessierte (angehende) Jurist*innen aussprechen!
Rezension von Lena Bitz
Ich war voller Vorfreude, als ich um die Rezension eines Buches gebeten wurde, in dem das Rechtssystem von Harry Potter mit dem deutschen Rechtssystem verglichen wird. Allerdings staunte ich nicht schlecht, als das Buch – das ich irrtümlicherweise für ein unterhaltsames Sachbuch gehalten hatte – eintraf und ich feststellen musste, dass es sich hierbei um eine juristische Dissertation handelte.
Bevor ich mir hierüber ein Urteil erlauben möchte, erstmal zum Inhalt: Die Dissertation unterteilt sich grob in die Einleitung, eine Erläuterung der Harry-Potter-Bücher und eine Vorstellung der Autorin der Bücher sowie das eigentliche Herzstück des Buches: die Analyse und der Vergleich des Rechts und der Politik der Harry-Potter-Welt mit dem Recht und der Politik in Deutschland, zur gegenwärtigen Zeit und zu der des Nationalsozialismus. Ein besonderer Schwerpunkt des Herzstückes liegt dabei auf der Strafprozessordnung der magischen und der realen Welt. Danach folgt ein Fazit.
Vergleich magischen und realen Rechts
Inhaltlich wird die Harry-Potter-Dissertation der Querschnittsdisziplin „Law and Literature“ zugeordnet; spezieller deren Unterdisziplin „Law in Literature“. Mir ist es schwergefallen, in dieser Art der Forschung einen Mehrwert für die Rechtswissenschaft zu erkennen; die Ausführungen der Autorin konnten ihn mir jedenfalls nicht vermitteln. Schäffer setzt „[d]ie Sensibilisierung von Juristen für die mannigfaltigen Auswirkungen, die Strafgesetze auf die politische Entwicklung eines ganzen Landes haben können“ (S. 9), als Ziel ihrer Arbeit fest. Doch wie können solche Auswirkungen gemessen werden? Die Kritikpunkte an diesem Konzept sind zahlreich. Die Autorin legt sie nur zum Teil offen und geht höchstens verkürzt darauf ein. Um nicht den Rahmen einer Rezension zu sprengen, möchte ich zwei Kritikpunkte vorstellen, die mich während des Lesens umgetrieben haben – sie sind jedoch nicht der Harry-Potter-Dissertation im Speziellen, sondern vielmehr der gesamten Disziplin „Law in Literature“ vorzuhalten:
Die offensichtlichste Kritik ist, dass alle Auswirkungen von fiktivem Recht in Literatur ebenfalls fiktiv und damit kaum gleichwertige Messgrößen gegenüber tatsächlichen Auswirkungen sind. Daneben ist auch der Zweck von realem und fiktivem Recht derart unterschiedlich, dass eine Grundlage für fruchtbare Vergleiche kaum gegeben ist: Während hinter realem Recht immer tatsächliche, gesellschaftsgestaltende Ziele stehen, dient das fiktive Recht allein der erzählten Geschichte. Es begründet Handlungsstränge, steigert den Spannungsbogen und dient der Erklärung von Ereignissen.
Im Speziellen ergeben sich aber auch für die methodische Arbeit Probleme: Schäffer möchte sich hinsichtlich des magischen Rechtssystems auf die sieben Harry-Potter-Bücher beschränken (S. 3 ff.), während Hintergrundinformationen durch die Autorin nur ausnahmsweise und als Verständnishilfe bzw. Ergänzung der Bücher herangezogen werden sollen. Schäffer bezieht sich zum Beispiel hinsichtlich der siebenjährigen Amtsperiode des Zaubereiministers auf eine solche Hintergrundinformation (S. 91 f.). Ein solches Vorgehen birgt jedoch die Gefahr, dass das fiktive Rechtssystem völlig willkürlich durch J. K. Rowling nachträglich mit Wirkung für die Vergangenheit angepasst werden kann, insbesondere weil Rowling auch dafür bekannt ist, der Harry-Potter-Welt nachträglich einen neuen Spin zu verleihen.
Harry Potter und der Nationalsozialismus
Auch der Vergleich des magischen Rechtssystems und seiner Auswirkungen mit dem des Nationalsozialismus wirken teilweise absurd: Die Geschichte um Harry Potter und das Rechtssystem seiner Welt sind ausgesprochen trivial gegenüber der Vielschichtigkeit des Nationalsozialismus. Nahezu jeder Vergleich wirkt dadurch makaber und heruntergebrochen. So zieht Schäffer zum Beispiel auf S. 221 nach umfangreichen Ausführungen zur Todesstrafe das Fazit: „Damit setzte sowohl Lord Voldemort als auch Adolf Hitler die Todesstrafe gezielt ein, um die Bevölkerung einzuschüchtern, zu kontrollieren und politische Gegner zu beseitigen.“ Das sehen auch andere so. So machte etwa Prof. Dr. Felix Hartmann, LL.M. (Harvard) auf X mit dem Post „Promovieren first, Bedenken second“ auf die Fußnote 1.803 der Arbeit aufmerksam: „Die Verfasserin möchte durch derartige Vergleiche weder an dieser noch an anderer Stelle das Leiden der durch den NS-Staat kriminalisierten und ermordeten Menschen verharmlosen.“ Ob ihr das gelungen ist, muss jede*r Leser*in für sich entscheiden...
Eignet sich die Dissertation als Urlaubslektüre?
Die Dissertation wird insbesondere über die Seite jurios.de, deren Chefredakteurin Schäffer ist, als unterhaltsame Sachlektüre beworben – so jedenfalls mein Eindruck nach Sichtung der Instagramseite @harrypotter_law, die unter dem Impressum von jurios.de geführt wird. Dementsprechend möchte ich nicht nur auf die rechtswissenschaftlichen und methodischen Aspekte, sondern auch auf den Mehrwert als Unterhaltung und Sachbuch eingehen.
Als Harry-Potter-Fan bin ich natürlich positiv voreingenommen, was die Auseinandersetzung und Vertiefung mit Inhalten aus der Harry-Potter-Welt angeht. Aus dieser Perspektive fand ich die Befassung mit dem magischen Recht interessant, verständlich erzählt und mit unterhaltsamen Zitaten und Szenen ausgeschmückt. Aber auch aus Perspektive einer ehemaligen Studentin der Rechtswissenschaft hätte ich mir einzelne Kapitel des Buches schon für mein Studium gewünscht. Besonders das trockene Staatsorganisationsrecht hätte für mich an Farbe und Lebendigkeit gewonnen, wenn es mir anhand des politischen Systems der Zauberwelt erklärt worden wäre. Schäffer zeigt etwa konkret, welche fiktiven negativen Szenarien und Auswirkungen durch eine fehlende Gewaltenteilung in der Harry-Potter-Welt heraufbeschworen werden, was – jedenfalls für mich – sehr viel einprägsamer und spannender war als jede Zusammenfassung auf Vorlesungsfolien.
Auch vermittelt die Dissertation einen besonders lebendigen Zugang zum Strafprozessrecht, den ich mir insbesondere für die mündliche Prüfung gewünscht hätte. Schäffer führt die Leserschaft mit Leichtigkeit und einprägsamen Beispielen durch die Prozessmaximen und die einzelnen Verfahrensabschnitte, die für den Großteil der Studierendenschaft im Studium ansonsten sehr abstrakt wirken.
Die Lebendigkeit der Arbeit wird nicht nur durch die besonders anschaulichen Beispiele geprägt, sondern auch durch den unkomplizierten, angenehm kurzen Schreibstil der Autorin. Schäffer verzichtet größtenteils auf Schachtelsätze und bildungschauvinistische Ausdrücke, die sonst in juristischer Literatur gang und gäbe sind. Die Dissertation ist daher eine der wenigen, die sich gut als Urlaubslektüre oder in der Freizeit lesen lassen.
Insgesamt kann ich das Buch daher jeder*m empfehlen, der oder die sich als (baldige*r) Student*in einen lebendigen Zugang zum Recht wünscht oder auch tiefer in die Harry-Potter-Welt eindringen möchte. Wer sich jedoch neue Erkenntnisse über das reale Recht erhofft, sollte zu einer anderen Lektüre greifen.
Vorstellung der Bayreuther Initiative für Legal Tech
Wir sind b{u}ilt, die Bayreuther Initiative für Legal Tech. Als neu gegründete, studentische Initiative beschäftigen wir uns mit der vielfältigen Entwicklung des Rechts und möchten einen interdisziplinären Beitrag in einem schnell wachsenden und transformativen Bereich leisten, indem wir Aufmerksamkeit schaffen, Weiterbildungsmöglichkeiten organisieren und den Kontakt zur juristischen Praxis bieten. Wir planen, neben klassischen, abwechslungsreichen Vortrags- und Workshopsformaten auch eigene Digitalisierungsprojekte umzusetzen, die Studierenden zugutekommen.
Unser Verständnis von Legal Tech
Legal Tech ist ein zukunftsträchtiger Bereich der juristischen Praxis, der ein riesiges Transformationspotenzial für die Rechtsbranche hat. Dabei gibt es nicht die eine Definition des Wortes Legal Tech. In erster Linie ist Legal Tech vor allem ein Buzzword, das oft in einem Atemzug mit „KI“, „Smart Contracts“ und allem anderen, was sich noch innovativ anhört, genannt wird. Diese Begriffe sind allerdings nur ein Bruchteil der Lösung. Wir verstehen vor allem die Digitalisierung und Automatisierung juristischer Tätigkeiten unter Legal Tech. Es geht darum, Technologie einzusetzen, um Effizienz zu steigern, mehr Menschen den Zugang zum Recht zu ermöglichen oder repetitive Aufgaben zu vereinfachen. Einteilen lässt sich der Bereich im Wesentlichen in Rechtsdurchsetzung auf der einen und Rechtsgestaltung auf der anderen Seite. Für die Rechtsdurchsetzung sind beispielweise Tools interessant, die zahlreiche Verträge auf bestimmte Klauseln analysieren oder auch die automatisierte Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen bei Flugverspätungen. Rechtsgestalterisch werden diejenigen Anbieter*innen aktiv, die beispielsweise eine Vereinssatzung oder Datenschutzerklärung für Interessierte durch ein paar einfache Klicks generieren lassen. Die Beispiele sind bereits jetzt zahllos und werden wegen des wachsenden Markts immer weiter anwachsen.
Bei Legal Tech handelt es sich um einen interdisziplinären Bereich, der eine Schnittstelle aus Jura, Informatik und BWL bildet. Der Bezug zum Recht ist offensichtlich, da es immerhin um juristische Tätigkeiten geht. Technisches Verständnis wird benötigt, um zu wissen, wie die Technologien funktionieren, eingesetzt und gebaut werden können. Darüber hinaus wird wiederum betriebswirtschaftliches Wissen benötigt, um Legal Tech sinnvoll und wirtschaftlich einzusetzen. Denn Digitalisierung und innovative Technologien sind kein Selbstzweck.
Legal Tech bietet also viele Chancen und Möglichkeiten, die heutige Rechtspraxis sowohl für den Rechtssuchenden als auch für den Dienstleistenden grundlegend zu verändern. Neben vielen Chancen gibt es auch Risiken beim Einsatz von Technologien, die nicht vollständig verstanden oder falsch eingesetzt werden. ADM-Systeme (Automated Decision Making), die bereits jetzt in den USA vielseitig erprobt werden, treffen Entscheidungen basierend auf Datensätzen, in denen sie versuchen, Muster zu erkennen. Problematisch wird es jedoch dann, wenn genau diese initialen Daten vorurteilsbehaftet sind, also beispielsweise mehr Daten von straffälligen, afroamerikanischen Männern beinhalten. Das mit diesen Daten trainierte ADM-System wird hierbei ein Muster erkennen und anschließend afroamerikanische Männer tendenziell so einstufen, als würden sie grundsätzlich mehr Straftaten begehen. Das ist Diskriminierung. Nicht weil es die dahinterstehende Technologie „böse“ ist, sondern weil sie mit problematischen Daten trainiert wurde. Folglich ist es essenziell zu verstehen, wie etwas funktioniert, was dabei schiefgehen kann und, dass Maschinen, die menschliche Aufgaben übernehmen, in einem so sensiblen Bereich wie dem Recht vorsichtig eingesetzt werden müssen.
Entstehungsgeschichte unserer Initiative
Anfang August 2022 hat sich eine Gruppe Studierender das erste Mal zusammengesetzt und überlegt, wie das Thema Legal Tech stärker in der juristischen Ausbildung eingebunden werden kann. Mittlerweile nennen wir uns b{u}ilt, die Bayreuther Initiative für Legal Tech. Heute sind wir über 40 Mitglieder, haben feste Vereinsstrukturen, die ersten Vorträge organisiert, Kooperationspartner gefunden und einen öffentlichkeitswirksamen Auftritt geschaffen. Wie wir das erreicht haben? Mit einzigartiger Leidenschaft, einem motivierten Team, einem unvergleichlichen Start-up-Gefühl und dem Ziel, etwas Großes und Neues auf die Beine zu stellen.
Eins muss man wissen: Trotz des Transformationspotentials wird Legal Tech bisher nur wenig bis gar nicht in der juristischen Ausbildung thematisiert. Es gibt einen Legal Tech LL.B. in Passau und einen LL.M. in Regensburg. Auch Zusatzstudiengänge wie das DigiZ in Bayreuth (Zusatzstudium Digitalisierung und Informatik für Juristinnen und Juristen), die als Nebenfach für die Rechtswissenschaft angeboten werden, sind interessant. Die bisherigen Angebote decken jedoch teilweise noch nicht die Schnittstelle zwischen den Bereichen ab oder fokussieren sich zu sehr auf die Theorie anstatt auf das, was wirklich in der Praxis relevant ist. Wir sind nicht die erste Hochschulinitiative, die das erkannt hat. Deutschlandweit gibt es bereits andere studentische Vereine, die sich mit dem Ziel gegründet haben, Vernetzung mit der Praxis und Weiterbildungsmöglichkeiten im Bereich Legal Tech zu organisieren, beispielsweise eLegal, recode.law oder MLTech. Mit der Gründung von b{u}ilt kann die Liste nun um den Standort Bayreuth ergänzt werden. Dabei standen wir von Anfang an sehr eng mit anderen Initiativen in Kontakt. Bei Fragen oder bei dem Schreiben unserer Satzung waren sie immer sehr hilfsbereit. Die Erkenntnis, wie unumgehbar der Bereich Legal Tech und wie wichtig die Einbindung von Studierenden in diese Entwicklung ist, verbindet alle Initiativen.
Als Nächstes haben wir uns gefragt: Wie gründet man eine neue Initiative? Wo fängt man an? Was braucht man dafür? Wer kann bei Fragen helfen? Wir wollten einen eigenen Verein gründen mit dem Ziel, Veranstaltungen und Weiterbildungsmöglichkeiten zu organisieren. Nachdem unsere Gruppe auf ungefähr 15 Interessierte gewachsen war, legten wir erste Verantwortungsbereiche fest. Letztendlich entschieden wir uns für die Schwerpunkte Marketing, Human Resources, Quality Management, IT und Partnerships. Zudem waren uns von Anfang an zwei wesentliche Punkte wichtig: Agilität und flache Hierarchien. Als junge Initiative wollen wir anpassungsfähig bleiben und alle zusammen auf Augenhöhe arbeiten. Besonders am Anfang, wenn noch viele Entwicklungsschritte offen sind, ist es wichtig, dass jede*r die Möglichkeit hat, eigene Ideen einzubringen. Dennoch sind wesentliche Verantwortlichkeiten geklärt, damit keine wichtigen Aufgaben auf der Strecke bleiben. Zusätzliche Struktur schaffen wir durch unsere wöchentlichen Treffen und die Arbeit mit Microsoft Teams.
Genau diese Einstellung wollen wir uns auch für die Zukunft als Verein erhalten: Offenheit und Begeisterung für Neues, um genauso dynamisch wie das Thema Legal Tech zu bleiben. Hierbei freuen wir uns über jede Inspiration oder Idee von außen. Jede*r ist herzlich eingeladen, bei unseren wöchentlichen Treffen einen Einblick zu bekommen, wie wir arbeiten, sich aktiv in einem Ressort einzubringen, oder auch eigene Projektideen vorzustellen und zu verfolgen. Ganz wichtig ist dabei: Niemand muss irgendwelche speziellen Fähigkeiten mitbringen. Jede*r kommt mit seinen Interessen und Stärken und zusammen finden wir einen Weg, diese bei uns am besten einzusetzen. Frei nach dem Motto: Man kann alles lernen. Deswegen muss auch niemand programmieren können! Während der Mitgliedschaft ist die Teilnahme an Programmierkursen freiwillig – schließlich kann man Digitalisierung und Automatisierung nicht auf Code und Zahlen reduzieren. Nimmt man das Motto „iudex non calculat“ wörtlich, so gibt es mittlerweile ohnehin ausreichend ansprechende No-Code-Lösungen. Mit diesen kann jede*r einfache Projekte schnell umsetzen. Interesse an Teilbereichen von Legal Tech für eine Mitgliedschaft ausreicht. Interesse an Teilbereichen von Legal Tech reicht für eine Mitgliedschaft völlig aus – das meinen wir ernst!
Zudem haben wir während der Gründungsphase gelernt, wie wichtig eine lebendige und konstruktive Feedbackkultur ist. Meinungsverschiedenheiten und inhaltliche Differenzen sind unvermeidbar und deswegen ist es um so wichtiger, offen mit ihnen umzugehen. Den Aufbau des Vereins haben wir von Anfang an als Möglichkeit wahrgenommen, individuell und als Gruppe zu wachsen, wobei selbstverständlich Fehler passieren. Diese Herangehensweise war und ist sehr hilfreich und nimmt an vielen Stellen den Druck raus.
Sowohl die anfängliche Ressortstruktur als auch die Prinzipien der Zusammenarbeit haben sich als sehr gewinnbringend herausgestellt. Neben strukturellen Themen haben wir während der Gründungsphase gleichzeitig angefangen, unsere Vereinssatzung zu schreiben, die Webseite zu programmieren, Social Media Accounts einzurichten, Mitgliederanträge zu entwerfen, Folienmaster und eine Corporate Identity zu gestalten, erste potenzielle Kooperationspartner zu suchen und Events und Projekte zu organisieren. Bereichernd dabei war und ist, dass man unglaublich viel lernt. Alles ist immer erstmal eine Herausforderung, weil man das Wenigste schonmal gemacht hat. Aber genau deswegen ist die Lernkurve besonders steil.
Mit den bisherigen Ergebnissen unserer Arbeit sind wir sehr zufrieden. Wir stehen kurz vor der offiziellen Eintragung unseres Vereins und bekommen zunehmend Aufmerksamkeit aus der juristischen Praxis. Dabei sind wir sehr dankbar für all die Unterstützung, die wir erhalten haben. Ohne die Hilfe der Universität, vieler anderer Initiativen und einiger privater Bekannten hätten wir unser Projekt in dieser kurzen Zeit niemals vorantreiben können.
Aktuelle Events und Projekte
Nach etwas Strukturierung unserer Ideen haben wir zwei Veranstaltungsstränge gefunden, in die sich unsere Vorhaben einteilen lassen: Auf der einen Seite planen wir Events. Darunter fassen wir einmalige Veranstaltungen wie Vorträge, Workshops oder Seminare. Projekte sind längerfristige Weiterbildungsmöglichkeiten, die sich beispielsweise über ein Semester erstrecken können. Darunter fallen selbstorganisierte Kurse, Veranstaltungsreihen oder auch Coding-Projekte, in denen wir selbst Legal Tech Anwendungen bauen.
Nach unserem Launch in der ersten Vorlesungswoche mit zwei Infoabenden, in denen unser Experte Dr. Florian Skupin in das Thema Legal Tech eingeführt hat, fand bereits unser erster Vortrag am 03.11.2022 statt. In einem hybriden Format durften wir Christian Bressem empfangen, mit dem wir über den Stand der Digitalisierung in der Verwaltung diskutierten. Was wir gelernt haben, beschreiben wir auf unserem Blog.
Daneben lief am 10.11.2022 unser Legal Tech Open Classroom (LTOC) an. Hierbei bearbeiten alle Interessierten zusammen in einer entspannten Atmosphäre die Aufgaben des Onlinekurses CS50L der Harvard University. Der Aufwand der Teilnehmenden wird am Ende mit einem Zertifikat honoriert, welches von der Harvard University ausgestellt wird. Zudem arbeiten wir gerade an einem eigenen Newsletter, einem YouTube-Channel und weiteren Projektideen. Bei allem seid ihr herzlich eingeladen, Einblicke zu bekommen und bei Interesse mitzumachen!
Aktuelle Veranstaltungen lassen sich auch auf unserer Webseite und unseren Social Media Kanälen finden.
Zukünftige Vorhaben
Für die Zukunft planen wir Großes und ihr könnt dabei sein! Momentan findet sowohl in der Praxis als auch in der juristischen Ausbildung ein Prozess des Umdenkens statt. Die Digitalisierung ist nicht mehr wegzudenken und es ist unabdingbar, die Schnittstelle zwischen Jura, Informatik und Wirtschaft zu verstehen, um sowohl die Potenziale zu nutzen als auch kritisch zu hinterfragen.
Als Initiative planen wir, weiter zu wachsen und immer neue Projekte und Events umzusetzen. Unsere Liste mit Ideen für Tätigkeiten unseres Vereins wächst täglich. Wie wäre es beispielsweise damit, einen deutschlandweiten Legal Tech Kongress in Bayreuth abzuhalten? Oder könnte man nicht eigentlich den Antrag für das Studentenwohnheim viel einfacher digitalisieren und zugänglicher für Studierende machen? Und wie wäre es mal mit einem selbstorganisierten Hackathon? Die Entwicklungsmöglichkeiten sind grenzenlos und das Besondere ist, dass man bei uns viel Verantwortung übernehmen kann. Wir lernen zusammen, leben eine konstruktive Fehlerkultur und wachsen daran.
Das Schöffenamt – ehrenamtliche Richter*innen beim Strafgericht
Lena Bitz und Kathrin Gruber (Universität Bayreuth); Interviewpartnerin: Michaela Franke
Im Frühjahr 2023 werden in allen Gemeinden Deutschlands wieder Schöff*innen für die Amtsperiode 2024–2028 gewählt. Bis dahin arbeitet das BMJ an einer neuen (deklaratorischen) Regelung, die jedem Menschen den Zugang zum Schöffenehrenamt verweigern soll, der „keine Gewähr dafür bietet, dass er jederzeit für die freiheitlich demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintritt“. Hintergrund des Gesetzesentwurfes ist, dass unter anderem Pegida, die NPD und die vom Verfassungsschutz beobachtete AfD vor der vergangenen Amtsperiode ihre Anhänger dazu aufgerufen hatten, sich um ein Schöffenamt zu bewerben.
Doch wie viel Einfluss haben die ehrenamtlichen Richter*innen beim Strafgericht? Was bedeutet es, Schöff*in zu sein? Diesen und weiteren Fragen werden wir in unserem Beitrag auf den Grund gehen. Dafür geben wir zuerst einen kurzen Überblick über das Schöffenamt. Danach folgt ein Interview mit Michaela Franke, die Jugendschöffin der Stadt Bayreuth am Amtsgericht ist und uns aus Ihrem Ehrenamt berichten wird.
Überblick
Wofür gibt es das Schöffenamt?
Schöff*innen vertreten beim Strafgericht das Volk, in dessen Namen das Urteil verkündet wird. Sie sollen für Verständlichkeit und Lebensnähe der Rechtsprechung gegenüber juristischen Laien sorgen und das Vertrauen in die Justiz stärken. Sie entscheiden zusammen mit dem oder den Berufsrichter*innen über Verurteilung und Strafmaß des Angeklagten. Dabei stehen sie Berufsrichter*innen größtenteils gleich: Sie haben gleiches Stimmrecht, können grundsätzlich selbst Fragen an die Beteiligten stellen, sind unabhängig und lediglich an das Gesetz gebunden. In der Regel haben sie keine juristischen Vorkenntnisse. Je nach Besetzung des Gerichtes mit ein bis drei Berufsrichter*innen und zwei Schöff*innen kann es durchaus dazu kommen, dass die ehrenamtlichen Richter*innen die Berufsrichter*innen überstimmen.
Wie wird man Schöff*in?
Die Schöff*innen werden für eine Dauer von fünf Jahren berufen. Um selbst Schöff*in zu werden, müssen sich die Bürger*innen bei ihrer Gemeinde bewerben oder z.B. vom Gemeinderat vorgeschlagen werden. Dieser erstellt eine Vorschlagsliste, über die der Wahlausschuss des zuständigen Gerichts abstimmt. Die Vorschlagsliste soll dabei die Bevölkerung nach Geschlecht, Alter, Beruf und sozialer Stellung möglichst repräsentieren. Nach erfolgreicher Wahl müssen die gewählten Schöff*innen ihr Ehrenamt annehmen.
Wer darf Schöff*in werden?
Grundsätzlich soll keine Person in das Amt einer ehrenamtlichen Richter*in berufen werden, die gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder der Rechtsstaatlichkeit verstoßen hat oder wegen ihrer Stasi-Tätigkeit für dieses Amt ungeeignet ist (§ 44a DRiG). Für das Schöffenamt speziell gibt es einige weitere Voraussetzungen: Die Person soll bei Amtsantritt mindestens 25 und maximal 69 Jahren alt sein, die deutsche Sprache ausreichend beherrschen, in der jeweiligen Gemeinde wohnen sowie gesundheitlich zur Ausübung des Amtes geeignet und nicht insolvent sein (§ 33 GVG). Ausgeschlossen sind Personen, denen die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter gerichtlich aberkannt wurde oder die wegen einer vorsätzlichen Tat zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt worden sind. Dasselbe gilt, wenn es ein Ermittlungsverfahren gegen die Person wegen einer Tat gibt, die den Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Ämter zur Folge haben kann (§ 32 GVG). Außerdem sollen bestimmte Amtsträger*innen und Angehörige von Berufsgruppen nach § 34 GVG nicht zur Schöff*in berufen werden. Student*innen der Rechtswissenschaft hingegen dürfen Schöff*innen werden, sofern sie den o.g. Voraussetzungen genügen.
Selber Schöff*in in Bayreuth werden
Wer sich in Bayreuth auf ein Schöffenamt für die Amtsperiode 2024–2028 bewerben möchte, sollte sich zu Beginn des Jahres 2023 bei der Stadt Bayreuth melden. Eventuell wird es eine Ausschreibung über das Webportal der Stadt geben, bisher ist es dafür allerdings noch zu früh.
Interview mit der Bayreuther Schöffin Michaela Franke
BayZR: Hallo Frau Franke, wir würden uns sehr über eine kleine Vorstellung Ihrer Person freuen.
Michaela Franke: Mein Name ist Michaela Franke, 33 Jahre alt. Seit 2019 bin ich Schöffin am Jugendgericht. Von Beruf bin ich Heilerziehungspflegerin und arbeite bei Soziale Dienstleistungen Keil, studiere nebenbei Gesundheits- und Sozialmanagement an der HFH. Ich bin Mutter von drei Kindern.
BayZR: Was war Ihre Motivation sich für das Schöffenamt zu bewerben?
Michaela Franke: Reine Neugierde! Ich wusste zunächst nicht viel über das Schöffenamt...
BayZR: Wie liefen die Bewerbung und die Wahl zur Schöffin genau ab?
Michaela Franke: …Ich wurde angefragt! Ein Stadtrat sprach mich an, ob ich nicht Lust hätte, mich für das Schöffenamt zu bewerben. Er übergab mir sogleich ein Formular für die Bewerbung. Hier wurden persönliche Daten und berufliche Erfahrung abgefragt. Diesen Bogen gab ich im Rathaus ab, dann war lange Funkstille. Irgendwann erreichte mich Post: „Sie wurden als Jugendschöffin für die Amtszeit 2019–2024 gewählt, anbei die Einladung zur großen Einführungsveranstaltung im Gericht!“ An der Veranstaltung nehmen über 100 Schöffen teil; es gab viele wichtige Informationen.
BayZR: Mit welchem Zeitaufwand ist das Schöffenamt verbunden?
Michaela Franke: Man bekommt einen Plan für das gesamte Kalenderjahr, in dem steht, an welchen Tagen man als Schöffe geladen werden kann. Bei mir sind das etwa 15 Termine im Jahr, die ich hierfür blocken muss. Bekomme ich eine Ladung, findet nach zwei Wochen Ladungsfrist der Gerichtstermin statt. Man kann also nicht kurzfristig überrumpelt werden.
BayZR: Variiert der Aufwand oder bleibt die Anzahl der Verhandlungen an denen Sie teilnehmen immer gleich? Bekommen Sie Sonderurlaub, wenn die Ausübung des Amts mit Ihrer Arbeitstätigkeit zusammenfällt?
Michaela Franke: Der zeitliche Aufwand variiert, zwischen 1,5–4 Stunden dauerten die Gerichtsverhandlung am Jugendgericht bei denen ich Schöffin war. Je nachdem, wie viele Zeugen geladen wurden und wie reibungslos die Verhandlung ablief. Im letzten Jahr hatte ich etwa sechs Einsätze als Jugendschöffin, das ist nicht viel. Mein Arbeitgeber muss mir die Ausübung möglich machen. Ich persönlich kann meine Zeit selbst einteilen und meine Klienten-Termine dann gut um einen festgelegten Gerichtstermin herumlegen. Aber an sich gilt, dass mein Arbeitgeber mich freistellen muss. Diesen Ausfall bekommt er vom Gericht erstattet.
BayZR: Haben Sie vor Ihrer Verhandlung eine Einweisung bekommen, etwa zum grundlegenden Ablauf eines Strafprozesses oder benötigten Sie sogar juristische Vorkenntnisse? Müssen oder sollen Sie sich als Schöffin selbstständig weiterbilden?
Michaela Franke: Wie eine Gerichtsverhandlung grundsätzlich abläuft, wird in der Einführungsveranstaltung für neu gewählte Schöffen erklärt.
Vor jeder Verhandlung sind 15 Minuten angesetzt, in denen der Richter uns Schöffen – es sind immer zwei – über den Fall in Kenntnis setzt. Wir bekommen eine grobe Zusammenfassung zu den Vorwürfen und über die angeklagte Person. Dann geht es auch schon in den Gerichtssaal und die Verhandlung wird eröffnet. Juristische Vorkenntnisse habe ich keine, das ist auch nicht gewünscht. Es zählt mein Eindruck und meine Meinung als Bürgerin. Ich habe kürzlich tatsächlich Fortbildungsseminare für Schöffen entdeckt, habe aber an noch keiner Fortbildung teilgenommen und werde dazu nicht verpflichtet.
BayZR: Im Gegensatz zu den Berufsrichter*innen tragen Sie als ehrenamtliche Richterin keine Robe. Wie werden Sie als Schöffin von den anderen Prozessbeteiligten (Staatsanwaltschaft, Verteidigung, Angeklagte*r) wahrgenommen? Haben Sie den Eindruck, mit dem gleichen Respekt wie die Berufsrichter*innen behandelt zu werden?
Michaela Franke: In der Tat wird in dem Gerichtssaal darauf geachtet, dass ein respektvoller Umgang herrscht. Die Angeklagten wissen oft nicht, weshalb dort oben nun drei Personen sitzen, so mein Eindruck. Die Verteidiger wissen natürlich sehr wohl um die Wichtigkeit der Schöffen, allerdings variiert die Aufmerksamkeit auch danach, wie aufmerksam man selbst als Schöffe während der Verhandlung ist, das ist ganz klar.
BayZR: Befassen Sie sich als Schöffin nur mit dem materiellen Strafrecht oder auch mit dem Strafprozessrecht?
Michaela Franke: An sich nur mit dem materiellen Strafrecht. Durch einige Jahre Erfahrung bekommt man auch zu den Grundkenntnissen des Strafprozessrechts einen kleinen Einblick.
BayZR: Was finden Sie schwieriger: Ihre Entscheidung zur Beweiswürdigung oder die anschließende Bewertung, also die Strafzumessung?
Michaela Franke: Ganz spontan aus dem Bauch heraus die Entscheidung zur Beweiswürdigung. Genau darin sehe ich die Kunst: herauszuarbeiten, was sich zugetragen haben muss. In manchen Fällen ist es ganz simpel. Diebstahl oder Verstoß gegen das BTMG, das lässt sich meist gut beweisen. Wo es schwieriger wird? Beispielsweise bei Körperverletzungen, wenn viele Zeugen befragt werden müssen.
BayZR: Wie läuft die Zusammenarbeit mit den anderen Schöff*innen und Berufsrichter*innen ab? Wie gelangen Sie zu einer einheitlichen Entscheidung und was passiert, wenn die Beteiligten unterschiedliche Überzeugungen haben? Waren Sie schon mal an einer Entscheidung beteiligt, bei der die Berufsrichter*in(nen) von den ehrenamtlichen Richter*innen überstimmt wurden?
Michaela Franke: Ich muss ehrlich gestehen, dass ich die Situation noch nie hatte, dass der Berufsrichter überstimmt wurde. Das zeugt meiner Meinung nach davon, dass der Richter, mit dem ich zusammenarbeite, seine Arbeit sehr gründlich und sorgfältig macht. In längeren Gerichtsverhandlungen gibt es zwischendurch kleine Pausen, diese werden zur Beratung genutzt. Hierbei kann ich dem Richter noch Fragen stellen, wenn mir Hintergrundwissen fehlt. Wenn es um das Strafmaß geht, schlägt der Richter eines vor. Darüber wird dann kurz abgestimmt, das lief bis jetzt immer unkompliziert und einstimmig. Dazu trägt der meiner Ansicht nach faire Umgang des Richters mit den jungen Angeklagten bei.
BayZR: Gab es Fälle, in denen Ihr persönliches Gerechtigkeitsempfinden und das Recht nicht in Einklang standen? Wie gehen Sie mit solchen Situationen um?
Michaela Franke: Manchmal erscheint es doch krass, wenn ein junger Mensch für einige Monate zu einer Haftstrafe verurteilt wird. Doch dann wurden in der Regel alle milderen Strafmittel vorab eingesetzt und es handelt sich um Wiederholungstäter.
BayZR: Angenommen, Sie sind der Auffassung, dass bei der Entscheidungsfindung Fehler unterlaufen sind. Haben Sie als Schöffin die Möglichkeit, dann tätig zu werden?
Michaela Franke: Ich könnte in der Beratung darauf hinweisen, bevor ein Urteil gefällt wird.
BayZR: Hat sich Ihr Blick auf einzelne Straftaten, die Täter*innen oder auf die Strafjustiz insgesamt während Ihrer Tätigkeit als Schöffin geändert? Haben Sie z.B. mehr Verständnis, wie es zu bestimmten Straftaten kommt?
Michaela Franke: Es lässt sich sagen, dass Jugendliche, die so straffällig werden, dass das Schöffengericht aufgerufen wird, sehr oft aus schwierigen familiären Verhältnissen kommen, schwache Zukunftsperspektiven für sich selbst sehen und oft in keinem Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis stehen.
Da kommt dann doch die große Frage auf: Was können Gesellschaft und Politik tun? Bildung und Chancengleichheit sind der Schlüssel zu weniger Kriminalität.
BayZR: Vielen Dank für das spannende Interview!
Interview mit dem wissenschaftlichen Mitarbeiter und Rechtsanwalt Dr. Felix Ruppert
Unsere Blogredakteurinnen Luise Herzog und Lea Machalett haben Dr. Felix Ruppert, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Strafrecht II und Rechtsanwalt, zu seiner Promotion, dem Universitätsleben und der Doppelbeschäftigung interviewt.
BayZR: Guten Tag Herr Dr. Ruppert, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für unser Interview genommen haben! Wir würden uns sehr über eine kleine Vorstellung Ihrer Person freuen.
Dr. Felix Ruppert: Vielen Dank, dass ich hier sein darf! Mein Name ist Felix Ruppert und ich bin seit August 2015 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Strafrecht II. Begonnen habe ich mein Jurastudium im Oktober 2010, wobei der ausschlaggebende Punkt, weshalb ich mich für die Universität Bayreuth entschieden habe, die wirtschaftswissenschaftliche Zusatzausbildung war. Während meines Studiums habe ich als Tutor an Lehrstühlen für Straf- und Zivilrecht gearbeitet, bis ich 2015 I mein erstes Staatsexamen ablegte. Die darauffolgenden Jahre schrieb ich neben meiner Tätigkeit am Lehrstuhl meine Dissertation zum Thema Sozialadäquanz im Strafrecht und absolvierte das Referendariat, sodass ich 2019 promovieren und ein Jahr später das zweite Staatsexamen absolvieren konnte.
Außerhalb meiner Arbeit treibe ich ab und zu Sport. Dabei sind unsere wilderen Zeiten mit dem früheren Mitarbeiter-Team in der Wilden Liga leider schon seit einigen Jahren vorbei, jetzt bringt mich nur noch das altehrwürdige Team Doktorspiele der Universität Bayreuth auf den Fußballplatz. Auch die musikalischen Tage sind zuletzt weniger geworden.
BayZR: Vielen Dank für die kurze Vorstellung! Während Ihres Studiums haben Sie den strafrechtlichen Schwerpunkt gewählt und heute sind Sie als Rechtsanwalt in einer auf das Wirtschafts- und Steuerstrafrecht spezialisierten Kanzlei tätig. Was genau macht für Sie das Strafrecht so interessant und wie kam es dazu, dass Sie einen so breiten Schwerpunkt gewählt haben?
Dr. Felix Ruppert: Mein Interesse am Strafrecht war zu Beginn des Studiums recht schnell geweckt, besonders wegen der spannenden und teils verrückten Fälle, die nach wie vor kein Ende nehmen und sich häufig durch kleinste Nuancen unterscheiden. Mein damaliger Dozent wusste immer, wie er uns mit seiner Vorlesung mitreißen kann, sodass ich auch sehr viel Freude an den Veranstaltungen zum Strafrecht hatte. Nachdem damals auch noch mehrere Tutorien angeboten wurden, konnte ich mich ganz gut als Tutor im Strafrecht auf dem Laufenden halten, gerade als die Pflichtkurse bereits abgelegt waren.
Besonders spannend finde ich die Schnittstellen des Strafrechts zu den unterschiedlichsten Lebensbereichen und Rechtsgebieten. Auf der einen Seite ist Strafrecht ohne Grundrechtseingriffe kaum denkbar und gerade neue Ermittlungsmaßnahmen haben sich an den sich fortwährend weiterentwickelnden grundrechtlichen Parametern zu orientieren; auf der anderen Seite gibt es immer mehr Normenordnungen, die sanktionsbedroht werden, bei welchen sich die Frage nach der Notwendigkeit, Behandlung und Auslegung der Sanktionen stellt. Das Strafrecht hat mittlerweile immer mehr Einfluss auf andere Rechtsgebiete, sichert diese ab und ist in weiten Teilen akzessorisch, sodass diese Rechtsgebiete wiederum auch oft Leitlinien für die Auslegung strafrechtlicher Normen aufzeigen. Trotzdem bleibt das Strafrecht die letzte Instanz des Staates und bringt deswegen eigene Wertungen und eine stärkere Gebundenheit an das Gesetz mit sich, sodass auch in neueren Gebieten nicht blind akzessorisch, sondern systematisch und nach den Parametern des Strafrechts zu agieren ist. Dabei läuft im Strafrecht vieles zusammen: Gestern waren baurechtliche Normen für die Strafbarkeit entscheidend, heute ist es das Gesellschaftsrecht und morgen ist es vielleicht eine wirtschaftlich geprägte Risikoanalyse. Daher steht das Strafrecht nie still und zwingt zu einer rechtlichen oder wissenschaftlichen Erörterung weiterer häufig außerstrafrechtlicher Fragen, um letztlich eine Meinung bilden zu können.
Wissenschaftlich gesehen fasziniert mich aber auch die Strafrecht AT-Dogmatik verbunden mit Rechtstheorie sehr, weshalb ich auch mein Promotionsthema in diesen Gebieten gewählt habe. Ich habe für mich gemerkt, dass eine gut ausgebaute, grundlegende Systematik ein besseres Verständnis für neue Probleme mit sich bringt. Deswegen war und ist es mir wichtig, eine breite Wissensbasis zu schaffen, die es mir ermöglicht, immer wieder an neue Gebiete heranzutreten.
Wer sich aber intensiv mit aktuellen Fragen des Strafrechts befasst, stößt zwangsläufig auf das Wirtschaftsstrafrecht; ein Gebiet, in welchem so viele rechtliche Wertungen und Leitlinien zusammenlaufen und welches von hoher Dynamik geprägt ist. Wenn sich auch das Strafrecht nicht so schnell entwickelt wie die Wirtschaft, so ist es doch unsere Aufgabe, dem Strafrecht auf Höhe der Zeit zu begegnen und damit auch das IT-Strafrecht vor Augen zu haben, um neue Formen der Straftatbegehung, -verhinderung oder auch Ermittlungsmethoden beurteilen zu können.
BayZR: Ihre Promotion haben Sie zum Thema „Die Sozialadäquanz im Strafrecht. Rechtsfigur oder Mythos?“ verfasst. Was genau kann man sich unter diesem Thema vorstellen und wieso haben Sie sich für dieses Thema entschieden? Wem können Sie im Allgemeinen empfehlen zu promovieren?
Dr. Felix Ruppert: Den Begriff der Sozialadäquanz liest man im Strafrecht häufig, wenn es um die Einschränkung der Strafbarkeit geht. Wenn beispielsweise ein Fahrgast den Busfahrer bittet, ihn abseits einer offiziellen Haltestelle austeigen zu lassen, und dieser aber lieber bis zur nächsten Haltestelle weiterfährt, handelt es sich faktisch um eine Freiheitsberaubung. Denn die Einwilligung zur Mitnahme im Bus hat der Fahrgast spätestens im Moment der Äußerung seines Wunsches widerrufen. Hier schränkt man die Strafbarkeit des Busfahrers jedoch ein, weil er auch noch sozialadäquat handelt, wenn er den Gast erst an der nächsten Haltestelle aussteigen lässt. Ansonsten würde das System der öffentlichen Verkehrsmittel dauerhaft zu strafbaren Freiheitsberaubungen führen. Ähnlich ist es bei Verletzungen im Sport, die tatbestandliche Körperverletzungen darstellen und in die auch nicht jeder Sportler einwilligt. Besonders prominent sind aber auch kleinere Geschenke an Beamten, die den Tatbestand der Korruptionsdelikte erfüllen. Das Prinzip der Sozialadäquanz wird in vielen Tatbeständen relevant, um eine Strafbarkeit einzuschränken. Während zahlreich die Auffassung vertreten wird, es gäbe keine Sozialadäquanz, wird von denselben Personen an anderer Stelle zur Einschränkung einer Strafbarkeit dennoch auf die Sozialadäquanz verwiesen. Solche Widersprüche setzen natürlich einen besonderen Reiz. Generell wird der Begriff der Sozialadäquanz immer häufiger und losgelöst seiner rechtlichen Bedeutung verwendet, nämlich oft dann, wenn bei einem Fall die Strafbarkeit vom Rechtsgefühl her scheitern soll. Dabei ist sowohl der Begriff als auch die bloße Existenz umstritten.
Bei der Wahl eines Promotionsthemas lassen sich bereits Weichen für die weitere Bearbeitung stellen: Arbeite ich lieber an einem speziellen Problem einer einzelnen Norm oder an einem allgemeineren Thema? Ich habe mich dann für ein das Strafrecht umfassendes Thema entschieden, da ich gemerkt habe, dass besonders im Studium viele strafrechtliche Prinzipien nicht so stark hinterfragt werden, wie sie es könnten, und ich mir selbst gerne Gedanken darüber machen wollte. Außerdem wollte ich mit meiner Arbeit auch zur Diskussion um dieses Thema anregen oder zumindest einen neuen Diskussionsbeitrag liefern. Das Thema breit aufzustellen hat sich letztlich gelohnt, weil mich so meine Promotion auch in meiner Arbeit weiterbringt: Wenn wir einmal ein für gegeben erachtetes Schemata hinterfragen oder gar aufbrechen, können wir daraus viel Wissen ziehen und tiefer in andere Denkweisen eintauchen, um hier auch Verständnis zu entwickeln. Nicht jeder versteht den Begriff der Schuld oder Handlung identisch, auch wenn wir in der Lehre letztlich in vielen Punkten der herrschenden Meinung folgen müssen. Wenn wir aber die unterschiedlichen Standpunkte kennen, werden viele Meinungen aus sich heraus verständlicher und dann kann auch zunächst abwegig erscheinenden Argumenten häufig etwas abgewonnen werden.
Ob eine Promotion das Richtige für jemanden ist, muss natürlich immer selbst entschieden werden. Ich persönlich denke jedoch, dass sie für den Promovierenden bei intensiver und nicht übereilter Anfertigung inhaltlich sehr wertvoll sein kann. Natürlich ist die Wahl des Themas dabei stark ausschlaggebend. Grundsätzlich würde ich jemandem empfehlen zu promovieren, wenn er oder sie gesetzte oder vorgegebene Grenzen hinterfragen, neue Thematiken durchdringen oder nicht an der herrschenden Meinung aufhören will, sondern Probleme aufzeigen oder lösen, ein tieferes Verständnis entwickeln und einen Beitrag zur Diskussion leisten möchte. In meinen letzten und aktuellen Veranstaltungen habe ich viele Studierende getroffen, die mit ihren Beiträgen die Veranstaltung bereichern, kreative Ideen haben und sich schon so tief mit der Materie auseinandersetzen – gerade denen kann ich eine Promotion nur ans Herz legen.
BayZR: Eine doppelte Beschäftigung sowohl an der Universität und als Rechtsanwalt spricht für eine hohe Arbeitsbelastung. Wie können Sie Ihre Tätigkeiten miteinander vereinbaren bzw. wie sieht ein normaler Arbeitstag bei Ihnen aus?
Dr. Felix Ruppert: Das kommt immer auf den Zeitpunkt an. Es gibt immer Höhen und Tiefen, bei denen man mehr oder weniger Arbeitsbelastung hat. Die Mandatsarbeit lässt sich häufig nicht im Detail im Voraus planen. Natürlich hat man manchmal Wochen, in denen man etwas weniger schläft. Dafür erlebt man dann umso mehr, was eine tolle Abwechslung ist.
Die Tätigkeiten kann ich dadurch vereinbaren, dass mir die Kanzlei in Freiburg großzügig sehr viel Freiheiten einräumt. Ich muss durch die Arbeit im Homeoffice in Bayreuth weniger vor Ort sein, wodurch ich mir sehr viel Zeit spare und statt nach Freiburg einfach nach Hause gehe. Gleichzeitig habe ich bei Verfahren in Bayern den kürzeren Weg und kann hier schnell vor Ort sein.
Der normale Arbeitstag sieht die Arbeit in der Uni und anschließend im Home Office vor. Das ist aber im Einzelfall oft sehr unterschiedlich und variiert häufig. In der Regel erfolgt die Mandatsarbeit von zu Hause aus. Je mehr Vorlaufzeit Vorhaben haben, desto besser lassen Sie sich eintakten. Häufig fallen aber Dinge an, die mehr oder weniger dringlich sind. Ab und zu werden dann unvorhergesehen Projekte angefragt, bei denen man immer sehr versucht ist, „Ja“ zu sagen, sodass man sich die Deadline in den Kalender einträgt und versucht, sich daran zu orientieren. Die Fristen sind normalerweise heilig, wobei der Druck gegen Ende einer Deadline wohl die beste Motivation ist.
Insgesamt profitiere ich enorm von diesem Doppelmodell, da die Praxiserfahrungen nicht nur tolle Einblicke, sondern letztlich auch aktuelle Beispiele und Konstellationen liefern. Wenn man diese Erfahrungen mitbringt, kann das auch zur Verbesserung der Lehre beitragen, weil man andere Anknüpfungspunkte aufzeigen kann und die Normen auch aus anderer Perspektive evaluiert, vielleicht auch einmal die ein oder andere Anekdote erzählen kann, die die Atmosphäre ein wenig auflockert. Auch anders herum bietet eine wissenschaftliche Herangehensweise viel Potenzial für Schriftsätze in der Praxis. Da bei uns regelmäßig rechtliche Fragen im Vordergrund stehen, ist die umfassende Erörterung dieser ohnehin geboten. Wenn man viel Spaß in einem Rechtsgebiet hat gibt es doch wenig Schöneres, als die verschiedenen Facetten mitzuerleben.
BayZR: Sie sind Mitglied bei Junges Strafrecht e.V. Welche Vorteile ziehen Sie aus der Mitgliedschaft?
Dr. Felix Ruppert: Junges Strafrecht e.V. ist ein Verein aus jungen Nachwuchsforschern aus ganz Deutschland. Darauf bin ich das erste Mal 2019 in Hamburg gestoßen. Dort gab es einen Call for Papers und nach den Einreichungen werden Vorträge über recht interessante Themen gehalten. Man trifft viele Leute, die sich intensiv mit dem Strafrecht auseinandersetzen, diskutiert Themen und Ideen. Darüber hinaus knüpft man ein großes Netzwerk an jungen Forschern, mit denen man oft auch Projekte auf die Beine stellen kann. Das ist einfach ein toller Austausch und man trifft tolle Forscher, mit denen man gemeinsam die nächsten Tagungen oder Projekte auf den Weg bringen kann.
Der größte Vorteil dabei ist, dass man auf Leute trifft, die einfach Lust auf Strafrecht haben und sich intensiv damit befassen. Dadurch entwickeln sich oft interessante Diskussionen. Gerade durch den gegenseitigen Austausch von Kritik und Meinungen ist die Mitgliedschaft sehr gewinnbringend.
BayZR: Welche Ratschläge können Sie zum Abschluss Jurastudierenden geben?
Dr. Felix Ruppert: Das ist natürlich eine schwierige Frage, also fangen wir mit dem Schwierigen an. Gerade am Anfang freut man sich natürlich immer, wenn etwas aus dem Klausurenstoff herausgestrichen wird. Auch ich habe mich damals gefreut, als ein Thema nach dem anderen für die Abschlussklausuren gestrichen wurde. Aber auch wenn man sehr viele andere Dinge im Kopf hat und auch haben muss, sollte man sich schon am Anfang vergegenwärtigen, dass man nicht für jemand anderen lernt, sondern für sein eigenes Leben und Examen – altbekannter Spruch, aber doch immer aktuell. Am besten lässt man diese Lücken am Anfang nicht zu groß werden, weil ich denke, dass man in der Examensvorbereitung nicht mehr so viel Zeit hat, sich intensiv mit den einzelnen Themen zu befassen. Deshalb lohnt es sich bereits früh, sich mit den Themen wirklich auseinanderzusetzen. Das, was man in den ersten Semestern aufsaugt, bleibt meistens für immer und man kann darauf aufbauen. Wenn z.B. Strafrecht AT gut sitzt, hat man eine tolle Grundlage, mit der man im gesamten Studium hervorragend arbeiten kann. Das ist ein klassischer Tipp, der keinem so richtig Spaß macht. Der aber trotzdem einmal gegeben werden muss.
Zudem ist die Fähigkeit zur Selbstkritik sehr wichtig. Wenn man mal eine schlechte Klausur herausbekommt, dann ärgert man sich natürlich auch immer über die Korrektur. Aber manchmal sollte man sich die Klausur anschauen und sich selbstkritisch mit der eigenen Lösung auseinandersetzen. Fehlt mir vielleicht doch etwas, was in der Lösung vorgesehen wird? Ist meine eigene Argumentation wirklich nachvollziehbar, oder fehlt etwas, was ich als selbstverständlich vorausgesetzt habe, in der Klausur doch? Denn gerade durch die Kritik an sich selbst kann man sich verbessern. Diese Kritik ist nicht persönlich gemeint, sondern dient der Weiterentwicklung. Es gibt viele Studierende, welche die Kritik aufsaugen und sich dauernd verbessern wollen – und sich damit so schnell und so stark verbessern.
Ein weiterer Tipp ist, dass man Leute sucht, mit welchen man auf einer Wellenlänge ist und mit denen man auch mal etwas unternehmen oder feiern gehen kann. Man sollte auch die Zeit im Studium genießen, das Studium auskosten und das typische Studentenleben mitnehmen. Das war in den letzten Semestern ohnehin nur eingeschränkt möglich, gehört aber auch dazu. Auf der anderen Seite kann man sich als Gruppe auch zusammen durch das Studium kämpfen und sich gegenseitig motivieren. Es ist sehr wertvoll, solche Leute um sich zu haben, mit denen man Spaß haben kann, aber sich auch gegenseitig motiviert. Man sitzt in einem Boot und es ist wichtig, sich gegenseitig hochzuziehen, wenn es mal nicht läuft, sich gegenseitig Tipps zu geben, wenn der richtige Weg gerade nicht gefunden wird – und auch offen miteinander zu diskutieren, denn davon lebt das Fach. Es ist außerdem ratsam, ausreichend Pausen zu machen, Hobbies nebenbei zu betreiben und einfach mal abzuschalten.
Ein letzter Ratschlag wäre, nicht nach Ergebnissen zu lernen. Häufig ist zu beobachten, dass bei einem Meinungsstreit in einer Klausur beide Ansichten genannt werden, aber auf den Rest nicht eingegangen wird. Es wird der herrschenden Auffassung gefolgt – ohne Argumente. Die gute Klausur und die schlechte Klausur haben typischerweise dieselben Ergebnisse. Nur in der guten Klausur stehen noch viele Argumente oder noch die Ausnahme, die über die Rückausnahme zum selben Ergebnis führt – aber mit weitaus mehr Wissen und Handwerkszeug. In der schlechten Klausur findet man dagegen nur die Ergebnisse. Deshalb sollte man versuchen, die Argumente zu verstehen und vor allem die Basics (z.B. Wortlaut, Systematik) zu lernen. Wenn man sowohl argumentieren als auch systematisch und logisch denken kann, wird man viel mehr erreichen als bei gelernten Streitständen und Ergebnissen. Diese Fähigkeiten sollte man von Anfang an im Auge haben, denn um solche Fähigkeiten geht es letztendlich.
Empfehlungen für interessante Filme und Serien mit Jurabezug
Redaktionsteam BayZR, Universität Bayreuth
Das Redaktionsteam hat über die interessantesten Filme und Serien mit Jurabezug abgestimmt. Die vier am meisten gewählten Titel wurden von unseren Redakteur:innen unter die Lupe genommen. Neben den unten aufgeführten Filmen und Serien wurde auch oft für „Better Call Saul“ (Netflix, 5 Staffeln), „How to get away with murder“ (Netflix, 6 Staffeln), „Suits“ (Netflix, 9 Staffeln) und „Die Berufung – Ihr Kampf für Gerechtigkeit“ (121 Minuten) abgestimmt. Vielleicht findet ihr hier den ein oder anderen Titel für euer Abendprogramm!
I. Legally Blonde (Natürlich blond)
Der 2001 erschienene Film „Legally Blonde“ handelt von einer Blondine aus dem Buche, namens Elle Woods (Reese Witherspoon), deren Leben nicht zuletzt durch ihre reiche Familie bereits durchgeplant ist. Ihr Freund Warner Huntington (Matthew Davis), von dem sie sich einen Antrag erhofft, sieht nicht nur gut aus, sondern möchte auch an der Harvard University Jura studieren. Als er jedoch die Beziehung beendet, um sich vollständig seiner Karriere widmen zu können, folgt sie ihm nach Harvard und findet dort heraus, dass er bereits verlobt ist. Um ihn zurückgewinnen zu können, bewirbt sie sich selbst in Harvard und wird überraschenderweise angenommen. Obwohl zuerst ihr Plan vordergründig darin bestand, Warner durch gute Leistungen zu beeindrucken, findet sie durch ihren ausgeprägten Gerechtigkeitssinn bald Gefallen an der juristischen Arbeit und wird erfolgreich. Als die Kanzlei ihres Professors Praktikant:innen zur Mitarbeit an einem Mordprozess sucht, werden Elles juristische Fähigkeiten erstmals auf die Probe gestellt.
Obwohl die typisch amerikanische College-Handlung und eine Liebesgeschichte in diesem Film ebenfalls eine Rolle spielen, geht die Moral der Geschichte weit darüber hinaus. Es wird vor allem appelliert, zuerst an sich selbst zu glauben, um Erfolg im Leben zu haben. Elle zeigt mit ihrer quirligen und liebenswerten Art, dass man durch den eigenen Willen und Passion genau das schaffen kann, was man möchte, selbst wenn alle anderen nicht daran glauben. Der Film ist allerdings nicht juristisch tiefgründig, sondern allgemein eine gute Erinnerung daran, auf das eigene Mindset zu achten. Somit ist „Legally Blonde“ nicht nur für Jurastudierende als leichtes und lustiges Abendprogramm auf jeden Fall sehr gut geeignet.
Netflix, 92 Minuten
II. The People v. O. J. Simpson: American Crime Story (2016)
Los Angeles, Juni 1994: Im noblen Stadtteil Brentwood werden die Leichen von Nicole Brown und Ronald Goldman gefunden. Beide wurden auf brutalste Weise ermordet. Der Fall erhält umgehend große Aufmerksamkeit, da es sich bei Nicole Brown um die Exfrau des ehemaligen US-amerikanischen Footballstars O. J. Simpson handelt. Dieser gerät schnell in Tatverdacht und wird angeklagt. Der monatelange Prozess gegen ihn 1995 gehört zu den aufsehenerregendsten Strafprozessen in der Geschichte der USA und findet weltweite Beachtung. O. J. Simpson wird schließlich durch die Jury von allen Tatvorwürfen freigesprochen.
Das Serienformat „American Crime Story” widmet sich genau diesen Fällen, die Kriminalgeschichte geschrieben haben. Die erste Staffel beleuchtet den Prozess „The People v. O. J. Simpson“. Die Serie ist keine Dokumentation, alle Szenen und Geschehnisse sind nachgestellt. Trotz des fiktiven Charakters werden der Prozess gegen O. J. Simpson und dessen Hintergründe so detailliert und realitätsnah wie möglich aufgezeigt. Ungereimtheiten, Wendungen, die Strategien von Anklage und Verteidigung, die Rolle der Medien und die Wahrnehmung des Prozesses in der Bevölkerung werden verständlich und gleichzeitig sehr packend erzählt. Vor allem die vielen Einblicke in die Beweggründe und Handlungen der Hauptfiguren neben dem Prozess ermöglichen einen differenzierten Blick und ein tiefergehendes Verständnis über die damaligen Geschehnisse.
Das Spannende an der Serie ist dabei nicht die Frage nach der Schuld oder Unschuld von O. J. Simpson, sondern der Einblick in einen Juryprozess und die Arbeitsweise von Anklage und Verteidigung. Daneben spielen die Auseinandersetzung mit Rassismusvorwürfen und der Umgang in Fällen häuslicher Gewalt seitens Polizei und Staatsanwaltschaft und der Einfluss der Medien auf das Prozessgeschehen eine wichtige Rolle, durch die die Serie auch gesellschaftliche Probleme thematisiert.
Netflix, 10 Folgen
III. Terror – Ihr Urteil
Der Film (Regie: Lars Kraume unter Beteiligung von Ferdinand von Schirach, Autor des gleichnamigen Buches) baut auf einer Bundesverfassungsgerichtsentscheidung zur Abschussermächtigung des Luftsicherheitsgesetzes (§ 14 Abs. 3 LuftSiG) aus dem Jahr 2006 auf. In dieser wird die Verfassungswidrigkeit der Vorschrift aufgrund eines Verstoßes gegen Art. 1 Abs. 1 GG festgestellt und die Norm für nichtig erklärt (s. BVerfGE 115, 118).
Unter Bezugnahme auf den dem Urteil inhärenten Konflikt der Abwägung von Menschenleben gegeneinander handelt der Film von dem Bundeswehrpiloten Lars Koch (Florian David Fitz), der eine vollbesetzte, von Terroristen entführte Passagiermaschine befehlswidrig abgeschossen hat, bevor diese über einem mit 70.000 Zuschauer:innen besetzten Fußballstadion zum Absturz gebracht werden konnte. Infolgedessen wird Anklage wegen Mordes in 164 Fällen erhoben. Der Film zeigt die mündliche Verhandlung.
Die Aufmachung erinnert an das epische Theater nach Brecht: Terror bezieht die Zuschauer:innen unmittelbar mit ein und lässt diese am Ende der fiktiven mündlichen Verhandlung als Schöffenrichter:innen darüber abstimmen, ob Lars Koch verurteilt werden soll. Diese Konfrontation der Zuschauer:innen sowohl mit der oben beschriebenen Dilemma-Situation als auch mit der Frage, ob die Bestrafung eines Menschen in einer derartigen Extremsituation sinnvoll ist, ist sicherlich positiv. Dies rechtfertigt grundsätzlich eine juristisch vereinfachte Darstellung, gerade um die öffentliche Debatte im Nachgang zu fördern.
Als ich den Film 2016 vor meinem Jurastudium das erste Mal gesehen habe, begeisterten mich die zahlreichen Gedankenexperimente und Vielfältigkeit der Argumente im Film; auch die sich anschließende Diskussion bei Hart aber fair fesselte mich. Umso enttäuschter war ich, als ich den Film nun für diese Rezension erneut angesehen habe, denn er suggeriert ein Versagen des deutschen Rechtssystems, wo keines ist: Während die Verhandlung sich um die Frage dreht, ob der Abschuss gerechtfertigt ist, bleibt der persönliche Schuldvorwurf (der wohl im Wege des (übergesetzlichen) entschuldigenden Notstandes entfallen würde) weitestgehend außen vor. Bezüglich der Anklage (Mord in 164 Fällen) wird kaum thematisiert, ob Mordmerkmale verwirklicht sind (worüber sich trefflich streiten ließe). Auch wenn den meisten Zuschauer:innen der Unterschied zwischen Mord und Totschlag wohl nicht geläufig ist, wirkt dadurch die Anklage sehr plakativ und überspitzt. Zahlreiche Annahmen sind irreführend, zum Beispiel erweckt der Film während der Befragung des Lars Koch durch die Staatsanwaltschaft den Eindruck, man könne in die eigene Tötung wirksam einwilligen.
Thomas Fischer warf Autor, Verlag und Medien in der Zeit vor, mit der Verfilmung „ein übles Spiel zu Lasten der Bürger [zu] spielen“. Dem muss ich zumindest insoweit zustimmen, als der Film es sich gerade zur Aufgabe macht, den Strafprozess authentisch abzubilden. Gerade vor diesem Hintergrund irritiert der nachhaltige Eindruck, das Recht würde zwangsläufig im Widerspruch zum gesunden Menschenverstand stehen. Die gerichtliche Einbettung des moralischen Dilemmas ohne Berücksichtigung der persönlichen Vorwerfbarkeit führt letztlich dazu, dass ein sachgerechter Diskurs nicht mehr möglich erscheint, und die – juristisch wohl vertretbare – Lösung im Urteil (bei der Erstausstrahlung des Freispruchs) die durchschnittliche Zuschauer:in nicht abholen kann – sie hat ja zuvor gar nicht gelernt, dass eine Nuancierung im Rahmen der Schuld möglich ist.
Sowohl die von Terror aufgeworfenen moralischen Fragen als auch die Entscheidung des BverfG, auf der der Film aufbaut, sind für unsere Gesellschaft wichtig, und eine Verfilmung als Gerichtsdrama sicherlich ein geeignetes Mittel, um für diese zu sensibilisieren. Wer jedoch die tiefgehende Auseinandersetzung der Zuschauer:innen derart fordert, sollte dies unter Zugrundelegung der zutreffenden Rechtslage und klarer Konturen tun – andernfalls sollte man es lieber bei der moralischen Beurteilung belassen, künstlerische Überzeichnung hin oder her.
RTL +, 85 Minuten
IV. Der Fall Collini
In dem 2019 erschienenen Film „Der Fall Collini“, basierend auf dem gleichnamigen Roman von Ferdinand von Schirach, geht es um einen jungen Rechtsanwalt Caspar Leinen (Elyas M'Barek), der zu Beginn noch naiv, zu seinem ersten Mandat als Pflichtverteidiger bestellt wird. Er vertritt den wegen Mordes angeklagten italienischen Gastarbeiter Fabrizio Collini (Franco Nero), welcher den Unternehmer Hans Meyer (Manfred Zapatka, Jannis Niewöhner), der eine Art Mentor und Vaterfigur für Leinen war, in dessen Hotelzimmer erschossen und anschließend brutal zugerichtet haben soll. Die Beweislast ist erdrückend, jedoch kein Motiv für die Tat – Collini schweigt eisern – ersichtlich. Auf der Suche nach den Hintergründen der Tat, begegnet Leinen nicht nur aufgrund seiner persönlichen Beziehung zum Mordopfer und dessen Familie privatem Widerstand und Gewissenskonflikten, sondern auch der Strafverteidiger Professor Mattinger (Heiner Lauterbach) möchte mit allen Mitteln die Nachforschungen des jungen Anwalts unterbinden. Schließlich findet Leinen heraus, dass die Umstände, die zu der Tat geführt haben, in der NS-Vergangenheit liegen.
Der Film thematisiert allgemein intensiv die Frage nach Gerechtigkeit und beleuchtet damit einhergehend im Besonderen den Umgang der BRD mit NS-Verbrecher:innen, ohne viel vorwegnehmen zu wollen, mit Bezug auf das sog. „Dreher-Gesetz“ von 1968.
Alles in allem ist „Der Fall Collini“ ein spannender Justizthriller, der auch größtenteils juristisch genau ist und die Zuschauer:innen dazu bringt, sich tiefgründiger mit den Umständen von Gesetz und Moral auseinanderzusetzen. Nicht nur schlussendlich aus diesem Grund ist der Film auch insbesondere für Jurastudierende empfehlenswert.
123 Minuten
Moot Courts an der Universität Bayreuth
von Lukas Eitel, Student an der Universität Bayreuth: Der Verfasser war Student Coach am 9. Hans Soldan Moot Court 2021 zum anwaltlichen Berufs- und Zivilrecht. Er hat am 8. Soldan Moot 2020 den Preis des Deutschen Anwaltvereines für die beste Klageerwiderung gewonnen und zog am 28. ELSA Deutschland Moot Court 2020/2021 in den Nationalentscheid ein. Der Artikel beruht auf den persönlichen Erfahrungen des Verfassers als Teilnehmer und steht in keinem Zusammenhang mit einer dienstlichen Tätigkeit.
I. Was sind Moot Courts?
Moot Courts sind Wettbewerbe für Jurastudierende, die gerichtliche Verfahren simulieren. Zumeist findet dieses in deutscher Sprache statt, wobei ein fiktiver Prozess vor einem ordentlichen Zivilgericht nachgestellt wird. Ziel der Teilnahme ist es, im Team Schriftsätze zu verfassen und in der anschließenden mündlichen Verhandlung die Interessen der eigenen Partei prozessual zu vertreten. Ausgangspunkt ist eine zu Beginn des Wettbewerbes veröffentlichte Fallakte. Diese Akte besteht entgegen dem Sachverhalt einer Hausarbeit aber nicht aus unstreitigen Fakten, sondern aus Dokumenten wie Verträgen, Briefen, Rechnungen, Notizen und Zeitungsartikeln, so dass die relevanten Informationen selbst erarbeitet und im Rahmen des Schriftsatzes im streitgegenständlichen Geschehen dem Gericht vorgebracht werden müssen. Der erfasste Lebenssachverhalt ist danach auf seine rechtlichen Probleme hin zu untersuchen. Im Schriftsatz wird dem Gericht sodann eine der eigenen Partei günstige juristische Bewertung des Geschehens angeboten.
Soweit die Entscheidung, an einem Moot Court teilzunehmen, sorgfältig getroffen wurde (hierzu Verf., ZJS 2021, 686 ff.), bietet die Universität Bayreuth derzeit drei Möglichkeiten: Die Teilnahme am Hans Soldan Moot Court zum anwaltlichen Berufs- und Zivilrecht, am ELSA Deutschland Moot Court und am Willem C. Vis International Commercial Arbitration Moot.
Der Beitrag stellt im Folgenden Ablauf, Betreuung und die Anmeldemodalitäten dieser Moot Courts dar, um Studierende bei der Überlegung, an einem solchen Wettbewerb teilzunehmen, zu unterstützen.
II. Der Hans Soldan Moot Court zum anwaltlichen Berufs- und Zivilrecht
Begonnen werden soll mit dem Soldan Moot, der als – aus meiner Sicht renommierter deutschsprachiger Moot Court – seit 2013 jährlich im Sommer stattfindet. In diesem Wettbewerb tragen die teilnehmenden Teams (bestehend aus je vier Studierenden) ein zivilprozessuales Verfahren vor dem LG Hannover aus, wobei der inhaltliche Schwerpunkt zur Hälfte im Zivilprozess- und anwaltlichen Berufsrecht- und zur anderen Hälfte im allgemeinen Zivilrecht liegt. Insgesamt nehmen jedes Jahr 20 bis 30 Teams deutscher rechtswissenschaftlicher Fakultäten teil.
Die Wettbewerbsvorbereitungen beginnen in Bayreuth im Mai und Juni. Nach Bewerbung und Zusammenstellung der Teams wird den Teilnehmenden die Möglichkeit gewährt, sich erstmals näher kennenzulernen. 2020 geschah dies im Rahmen eines Online-Escape-Rooms. Außerdem werden die Teilnehmenden durch einen ZPO-Crashkurs mit den Grundlagen des Zivilprozessrechts vertraut gemacht. Nach Ausgabe des Sachverhaltes Ende Juni müssen die Teams zunächst die Partei des Klägers vertreten und eine Klageschrift verfassen. Da die bis zu 50 Seiten lange Fallakte inhaltlich anspruchsvoll ist und die Schriftsätze bis zu 35 Seiten lang sein dürfen, steht für die Verschriftlichung ein Monat zur Verfügung. Im Anschluss wird jedem Team anonym die Klageschrift eines anderen Teams zugestellt, auf welche hin die Teilnehmenden eine hierauf antwortende Klageerwiderung einreichen müssen. Die Beklagtenschriftsatzphase nimmt für gewöhnlich den August und den Anfang des Septembers in Anspruch.
Ab September wird außerdem für die mündlichen Verhandlungen des Wettbewerbes trainiert, die Anfang Oktober in Hannover stattfinden. Hierfür bemüht sich der Lehrstuhl, vorbehaltlich der Pandemielage, verschiedene Möglichkeiten für Übungsverhandlungen zu gewähren. Normalerweise können sich die Teilnehmenden zunächst in Verhandlungen gegen die anderen Bayreuther Teams ausprobieren („Pre-Moot Bayreuth“). Außerdem findet üblicherweise im September der „Fränkische Pre-Moot“ gegen die Teams der Nachbaruniversität FAU Erlangen-Nürnberg statt. 2020 und 2021 konnte der Bayreuther Pre-Moot digital und der Erlanger Pre-Moot unter strengem Hygienekonzept in Präsenz ausgerichtet werden.
In den Verhandlungen des Wettbewerbes selbst vertreten zwei Teammitglieder die Klägerseite und zwei die Beklagtenseite. Jedes dieser Duos verhandelt zweimal vor Einzelrichtern, die aus Lehre und Praxis stammen. Die Bewertung erfolgt durch Juroren, welche den Verhandlungen als Beobachter beiwohnen. Über den Einzug der besten acht Teams ins Viertelfinale entscheidet der Schnitt der Bewertungen aus allen vier Verhandlungen. Ab dem Viertelfinale treten die Teams im KO-System gegeneinander an. Neben den Siegern der mündlichen Verhandlungen (Hans-Soldan Preis) ermittelt der Soldan Moot auch die besten Schriftsätze (Preis der Bundesrechtsanwaltskammer für die beste Klageschrift und Preis des Deutschen Anwaltsvereines für die beste Klageerwiderung) und die besten mündlichen Einzelleistungen (Preis des Deutschen Juristen-Fakultätentages).
Der Soldan Moot wird in Bayreuth vom Lehrstuhl Zivilrecht XI (Prof. Dr. Meyer, LL.M. Taxation) betreut. Jedem Team ist hier einer der Wissenschaftlichen Mitarbeiter als Coach zugewiesen, der den Teilnehmenden neben Herrn Prof. Dr. Meyer in allen Fragen des Wettbewerbes zur Seite steht. Außerdem wirken regelmäßig Studierende, die selbst am Soldan Moot teilgenommen haben, bei der Betreuung als Student Coaches mit. Interessierte Studierende können sich jedes Jahr im Frühjahr beim Lehrstuhl Zivilrecht XI bewerben. Die entsprechenden Informationen werden auf der Website veröffentlicht.
Am Soldan Moot blieb mir besonders der hohe Spaßfaktor in Erinnerung, da nicht nur die engagierten Gegner juristisch anspruchsvolle Verhandlungen ermöglichen, sondern immer Raum für den persönlichen Stil des Teilnehmenden bleibt. Nachdem der Soldan Moot einer Güteverhandlung nachgebildet ist, besteht der Reiz des Wettbewerbes in der direkten Interaktion zwischen gegnerischen Teams. Vor der Pandemie wurde der Soldan Moot außerdem von einem abwechslungsreichen Abendprogramm in Hannover begleitet.
Eine Teilnahme wird üblicherweise für Studierende des dritten und vierten Semesters empfohlen, vereinzelt nehmen auch Studierende des zweiten Semesters am Wettbewerb teil. Für die Teilnahme wird ein Seminarschein gewährt, zusätzlich lässt sich der Soldan Moot in Bayern gem. § 25 JAPO als praktische Studienzeit (Praktikum) anrechnen. Der Kontakt zu dem betreuenden Lehrstuhl ist über seine Website möglich. Zudem betreibt der Lehrstuhl einen Instagram-Kanal. Informationen zum Wettbewerb selbst finden sich auf der Homepage und den Social-Media-Auftritten bei Facebook, Instagram und LinkedIn.
III. Der ELSA Deutschland Moot Court
Der ELSA Deutschland Moot Court (EDMC) wird einmal jährlich von der European Law Students Association veranstaltet und 2021/2022 zum 29. Mal stattfinden. Als ältester deutscher Moot Court bewegt er sich inhaltlich vornehmlich im allgemeinen bürgerlichen Recht und in seinen Nebengebieten, so dass eine Teilnahme prinzipiell auch für Studierende aus den ersten Studiensemestern möglich ist.
Der Moot Court vollzieht sich in mehreren Runden. Zunächst treten alle teilnehmenden Bayreuther Teams im Lokalentscheid am Bayreuther LG gegeneinander an. Die Teams bekommen zu Beginn per Los eine Partei des Prozesses zugewiesen, für die sie einen Schriftsatz einzureichen haben. Die Bewertung in der Lokalrunde setzt sich zur Hälfte aus der Leistung in der mündlichen Verhandlung und zur anderen Hälfte aus der Schriftsatzleistung zusammen. Der Sieger zieht im Anschluss in den Nationalentscheid ein, in dem die siegreichen Teams der deutschen Fakultätsgruppen gegeneinander antreten. Dieser Runde liegt eine neue Fallakte zugrunde, so dass eine erneute Einarbeitung in den Sachverhalt notwendig ist. Hier sind allerdings Schriftsätze für beide Parteien einzureichen, da in den beiden Verhandlungen des Wettbewerbes einmal die Kläger- und einmal die Beklagtenperspektive eingenommen wird. Im Nationalentscheid qualifizieren sich die Teams für Viertel- und Halbfinale. Die Sieger der beiden Halbfinalverhandlungen haben die Gelegenheit, sich im Bundesentscheid in den Räumlichkeiten des Bundesgerichtshofes mit dem anderen Team zu messen. Im Bundesentscheid bleibt der Sachverhalt der Vorrunde gleich, so dass den Bundessieg jenes Team erringt, das sich durch eine besonders herausragende mündliche Verhandlungsleistung auszeichnet.
Die Betreuung selbst erfolgt durch den Moot Court Direktor von ELSA Bayreuth, welcher den Wettbewerb organisatorisch leitet, allerdings nicht für inhaltliche Fragen zur Verfügung steht. Die Anmeldung ist einmal jährlich im November über die Website von ELSA Bayreuth möglich. Hierzu müssen sich die Interessierten selbst als Zweierteam zusammenfinden und mit einer kurzen Begründung ihren Teilnahmewunsch bezeugen. Dem voraus geht eine Informationsveranstaltung mit dem Bayreuther Moot Court Direktor und ehemaligen Teilnehmenden, im Rahmen derer der Wettbewerb vorgestellt wird und auch Rückfragen möglich sind. Die Anmeldefrist endet Ende November, kurz danach findet vor Ausgabe der Fallakte ein Schriftsatztraining durch einen Praktiker statt.
Besonders in Erinnerung blieb mir persönlich der Nationalentscheid, der im Juli 2021 am Hanseatischen Oberlandesgericht in Hamburg stattgefunden hat. Neben den mündlichen Verhandlungen hat ELSA auch ein Abendprogramm in einer Eventlocation angeboten, so dass auch ein zwangloser Austausch mit anderen Teilnehmenden aus ganz Deutschland möglich war.
Der Zeitaufwand ist in der Lokalrunde noch gering. Da der Sachverhalt hier übersichtlich ist, muss lediglich ein kürzerer Schriftsatz (bei meiner Teilnahme knapp 20 Seiten) geschrieben werden, dessen rechtliche Probleme sich mit vorhandenen Kenntnissen lösen lassen. Hinzu kommt die Vorbereitung für die mündliche Verhandlung, für die etwas Zeit im Vorfeld anberaumt werden muss. In der Folgerunde hingegen muss ein größerer Aufwand veranschlagt werden, da zwei Schriftsätze angefertigt werden müssen. Der zugrundeliegende Sachverhalt des Nationalentscheides ist im Normalfall wesentlich komplexer und benötigt eine gründliche Einarbeitung.
Für die Teilnahme an der Lokalrunde des EDMC gewährt das Prüfungsamt eine Schlüsselqualifikation. Darüber hinaus haben die Teilnehmenden die Möglichkeit, sich etwa als Moot Court Direktor bei ELSA Bayreuth einzubringen und den folgenden Wettbewerb zu organisieren.
Weitere Informationen über den EDMC finden sich auf der Website von ELSA Deutschland. Die Anmeldemodalitäten werden auf der Website und der Instagram-Präsenz von ELSA Bayreuth beschrieben. Die Anmeldung zur nächsten Runde nach dem Sieg im Lokalentschied ist freiwillig und erfolgt über den Moot Court Direktor.
IV. Der Willem C. Vis International Commercial Arbitration Moot
Als dritter Wettbewerb folgt der Vis Moot, der zu den größten und renommiertesten Moot Courts der Welt zählt. Seit 1994 treten hier jedes Jahr hunderte Teams aus aller Welt gegeneinander an, um in einem Verfahren vor einem Schiedsgericht zu obsiegen. Streitentscheidend sind jedoch keine nationalen Rechtsvorschriften, sondern das Wiener UN-Kaufrecht. Die Regeln für das Schiedsverfahren selbst wechseln jährlich, so dass zu jedem Durchgang das Schiedsregelwerk (Schiedsordnung) eines anderen Schiedsinstitutes Anwendung findet. Da Teams aus aller Welt teilnehmen, ist die Sprache des Wettbewerbes Englisch.
Zeitlich nimmt der Vis Moot ein vollständiges Wintersemester in Anspruch. Nach der Informationsveranstaltung werden die Teilnehmenden durch eine Einführungsvorlesung mit dem UN-Kaufrecht vertraut gemacht, bevor nach dem Eingang der Bewerbungen die Teams zusammengestellt werden. Diese haben im Rahmen von Teambuildingevents Gelegenheit, einander näher kennenzulernen, bevor die Schriftsatzphase beginnt. Die Fallakte wird zum ersten Freitag im Oktober ausgegeben. Da die Fallakte mehrere Dutzend Seiten umfasst, vergeht die Erstellung des Claimant Memorandum (Klageschrift) wie im Fluge, zumal die Klageschrift in englischer Sprache verfasst werden muss und sich in einem deutschen Jurastudierenden unbekannten Rechtsgefüge bewegt. Nachdem Anfang Dezember die Schriftsätze abgegeben werden, wird den Teams je eine andere Klageschrift zugestellt, auf welche in Form des Respondant Memorandum (Klageerwiderung) zu antworten ist. Die Abgabefrist für den Beklagtenschriftsatz liegt im Januar. Im Anschluss haben die Teilnehmenden Gelegenheit, erste Erfahrungen mit der Praxis durch den Austausch mit internationalen Kanzleien zu sammeln. Außerdem nimmt das Bayreuther Team üblicherweise an mehreren der zahlreichen Pre-Moots teil.
Die mündlichen Verhandlungen finden vor Ostern in Wien statt. Da der Vis Moot keine nationalen Vorentscheide vorsieht, treten die Teams aus aller Welt direkt gegeneinander an. Zunächst bleibt jedem Team in der Vorrunde Gelegenheit, zwei Mal die Kläger- und zwei Mal die Beklagtenseite zu vertreten. Die 64 erfolgreichsten Teams der Vorrunde qualifizieren sich für die Elimination Rounds, wo jeweils nur einem Team der Einzug in die nächsthöhere Runde möglich ist. Dem Finale der beiden erfolgreichsten Teams der KO-Runden folgt die Preisverleihung, wo neben den Siegern des Vis Moot selbst (Eric Bergsten Award) auch die besten Einzelverhandlungsleistungen (Martin Domke Award) sowie die Preisträger für das „Best Claimant Memorandum“ (Pieter Sanders Award) und für das „Best Respondent Memorandum“ (Werner Melis Award) ermittelt werden. Außerdem wird ein Sonderpreis (Michael L. Sher Award) an das Team verliehen, das in besonderem Maße den Geist des Wettbewerbes verwirklicht hat.
Neben den Verhandlungen bietet der Vis Moot ein sehr abwechslungsreiches Rahmenprogramm, das die Erkundung des schönen Wiens möglich machte. Seit Beginn der Pandemie findet der Vis Moot jedoch in digitaler Form statt. Viele Teilnehmende heben auch die Begegnungsmöglichkeiten mit Studierenden und Praktikern aus aller Welt als bedeutenden Mehrwert des Vis Moot hervor.
Die Betreuung des Bayreuther Teams wird vom Lehrstuhl IX (Prof. Dr. Martin Schmidt-Kessel) übernommen. Auch hier stehen den Teilnehmenden neben den Coaches auch Student Coaches zur Verfügung, die ihre Erfahrungen in den Wettbewerb einbringen. Ebenfalls wirken die Mitglieder der Bayreuth Moot Court Association (BayMCA) an der Unterstützung der Teams mit.
Informationen zum Vis Moot selbst gewährt der Internetauftritt des Wettbewerbes, sowie im Hinblick auf das Bayreuther Team neben der entsprechenden Homepage, die Präsenz bei Facebook und bei Instagram.
V. An welchem Moot Court soll ich teilnehmen?
An diesem Punkt stellt sich für Studierende die Frage, ob die Teilnahme an einem bestimmten Moot Court besonders empfohlen wird. Eine solche Empfehlung kann jedoch nicht ausgesprochen werden. Abgesehen davon, dass ich nur zwei Wettbewerbe aus eigener Erfahrung heraus beurteilen kann, kann eine solche Entscheidung grundsätzlich nur individuell getroffen werden, da die jeweiligen Moot Courts allesamt ihre Vorzüge haben. EDMC und Soldan Moot bergen den Vorteil, dass sie ein Verfahren vor einem deutschen Zivilgericht simulieren. Deren Inhalte bewegen sich zuvörderst im Zivilprozessrecht und im allgemeinen bürgerlichen Recht, so dass gleichzeitig ein Teil des Pflichtstoffes der ersten juristischen Prüfung abgedeckt wird. Demgegenüber bietet sich der Vis Moot für diejenigen an, die später einmal im internationalen Recht arbeiten möchten. Im Hinblick auf Kontakte zu zukünftigen Arbeitgebern und zu anderen Jurastudierenden ist der Vis Moot internationaler aufgestellt, während Soldan Moot und EDMC es besonders ermöglichen, die Studierenden der benachbarten deutschen Hochschulen näher kennenzulernen. Berücksichtigt man den zeitlichen Aufwand, so sind EDMC und Soldan Moot noch mit dem normalen Semesterprogramm zu vereinbaren, während der Vis Moot ein ganzes Semester vollständig veranschlagt. Allen Wettbewerben gleich ist jedoch die einmalige Möglichkeit, bereits während des Studiums einen einzigartigen Einblick in die anwaltliche Praxis zu gewinnen und im Team eine besondere Herausforderung zu überwinden. Insofern ist eine Teilnahme generell zu empfehlen, wobei Bayreuth aus meiner Sicht mit drei Wettbewerben insgesamt sehr gut aufgestellt ist.
Interview mit dem wissenschaftlichen Mitarbeiter Nicolas Kretschmann
Unser Blogredakteur Clemens Hutengs und Blogredakteurin Lea Machalett haben Nicolas Kretschmann, Mitglied unseres Wissenschaftlichen Beirats, zu seiner Promotion und dem Leben an Universität und Lehrstuhl interviewt.
BayZR: Hallo Nicolas, vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für ein Interview zum Thema Promotion und Arbeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter genommen hast! Vielleicht kannst Du Dich erst einmal kurz vorstellen.
Nicolas Kretschmann: Vielen Dank, dass ich hier sein darf! Ich heiße Nicolas Kretschmann, bin wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Prof. Dr. Lange und hatte im Wintersemester 2015/2016 mein Studium der Rechtswissenschaft hier in Bayreuth begonnen. Ich bin, wie so viele, hauptsächlich wegen der wirtschaftswissenschaftlichen Zusatzausbildung hierhergekommen, die wie ein Magnet für Bayreuth wirbt. Erst danach habe ich erfahren, dass Bayreuth innerhalb der Rechtswissenschaft einen guten Ruf hat. Hinterher bemerkte ich, dass dies die richtige Entscheidung war und diese Universität aus sehr vielen Gründen optimal für das Studium geeignet ist. Neben meinem eigentlichen Studium war ich unter anderem auch bei Law & Legal als Rechtsberater tätig. In meinem fünften Semester entschied ich mich für den Schwerpunktbereich III (Unternehmen, Kapital & Strukturierung) und absolvierte hier den universitären Teil auch noch vor dem Examen. Nach dem 9. Semester schrieb ich eine Woche nach dem Abschluss eines kommerziellen Repetitoriums im Freischuss mein Examen. Im Anschluss hatte ich die Möglichkeit ab September 2020 bei Prof. Dr. Lange als wissenschaftlicher Mitarbeiter anzufangen und mich intensiver mit dem Erbrecht zu beschäftigen.
In meiner Freizeit höre ich sehr gerne Musik, was eine meiner großen Leidenschaften ist. Da ist von Jazz und Klassik bis hin zu Punkrock alles dabei, was nicht der Mainstream ist und nicht gerade im Radio läuft. Gerade fange ich an Tennis zu spielen, um mich so etwas fit zu halten.
BayZR: Danke für die kurze Vorstellung! Dein Forschungsschwerpunkt interessiert uns auch sehr. Deshalb unsere erste Frage dazu: Worauf liegt Dein Forschungsschwerpunkt bzw. womit beschäftigst Du Dich in Deinem Promotionsvorhaben? Worin besteht die aktuelle Relevanz dieses Gebiets?
Nicolas Kretschmann: Da sich mein Thema im Erbrecht abspielt, muss ich euch wahrscheinlich noch etwas hinführen, da das Erbrecht im Studium leider häufig eher zurückhaltend behandelt wird. In Deutschland ist es möglich, ein Testament errichten und darin zu bestimmen, wie mit seinem Vermögen nach dem Tod verfahren werden soll. Aufgrund verschiedener Interessen der Erben können jedoch Streitigkeiten vom Zaun brechen. Deshalb kann der Erblasser z.B. einen objektiv Dritten als Kontrollorgan bestimmen, den sog. Testamentsvollstrecker. Dieser hat die Aufgabe, den Willen des Erblassers auch tatsächlich durchzusetzen. Dabei können auch mehrere Personen als Testamentsvollstrecker eingesetzt werden. Hier beginnt mein Promotionsthema.
In meinem Promotionsvorhaben beschäftige ich mich mit der Testamentsvollstreckung durch mehrere Testamentsvollstrecker, was insbesondere bei sehr großen Nachlässen vorkommt. Die rechtlichen Rahmenbedingungen des Tätigwerdens mehrerer Vollstrecker sind in § 2224 BGB jedoch nur spärlich geregelt. Die Norm gilt seit dem 01.01.1900 unverändert und auch in der Literatur und Rechtsprechung werden wiederholt nur bestimmte Probleme thematisiert. Bei genauer Betrachtung muss man jedoch feststellen, dass es auch über die bekannten Probleme hinaus eine ganze Reihe ungeklärter und offener Fragen gibt, die in der Praxis viele Probleme bereiten. Dies betrifft beispielsweise das Verhältnis der Testamentsvollstrecker untereinander oder die Frage, was es bedeutet, dass das Testamentsvollstreckeramt „gemeinschaftlich“ zu führen sei. Insbesondere stellt sich die praktische Frage, wie der interne Willensbildungsprozess bei mehreren Testamentsvollstreckern abzulaufen hat. Eine Erarbeitung der Rahmenbedingungen kann auch Grundlage für eine Ausgestaltung durch den Erblasser sein.
In meiner Doktorarbeit beschäftige ich mich somit mit einem klassisch erbrechtlichen Thema. Bezüge weist die Arbeit zum einen zu Fragen der Grundlagenforschung auf, wie zum Beispiel zur Rechtsnatur von Personenmehrheiten, zur Zurechnung von Wissen oder zur Bindungswirkung von Parteivereinbarungen. Zum anderen ergeben sich auch Schnittstellen zum Gesellschaftsrecht. Insgesamt beabsichtige ich mit meinem Promotionsvorhaben, einen Wissensgewinn nicht nur für die Wissenschaft, sondern auch für die Praxis der Testamentsvollstreckung zu erreichen.
BayZR: Und was daran genau macht den Forschungsschwerpunkt für Dich so spannend?
Nicolas Kretschmann: Das Erbrecht im Allgemeinen hat mich schon immer fasziniert, da es eine persönliche und emotionale Thematik ist. Zwar ist es schwierig, sich mit dem eigenen Tod zu beschäftigen, aber es hat eine sehr große Relevanz für die eigenen Nachkommen. Deshalb muss man als Jurist sehr feinfühlig agieren und mit den Menschen umgehen, was die Materie auch sehr psychologisch macht. Häufig müssen viele Interessen zum Ausgleich gebracht werden, was ich besonders spannend finde. Es fasziniert mich, dass das Erbrecht eine unfassbar komplexe Materie darstellt, insbesondere, wenn Unternehmen beteiligt sind und Schnittstellen zu anderen Rechtsgebieten wie z.B. zum Gesellschaftsrecht entstehen.
Mein Promotionsthema im Speziellen finde ich deshalb so spannend, weil ich mich mit einer Norm beschäftige, die seit über 120 Jahren nicht angetastet wurde und man deshalb an deren Grundfesten rütteln kann. Ich kann mich mit historischen Quellen beschäftigen und diese analysieren. Weiterhin ist für mein Thema ein grundlegend dogmatisches Verständnis erforderlich.
Zusammengefasst stellt meine Promotion eine spannende Kombination aus Dogmatik und großer Praxisrelevanz dar.
BayZR: Welche Probleme und Fragestellungen sind Dir in Bezug auf Deine Promotion bzw. Methoden schon begegnet? Wie bist Du mit solchen Problemen/Fragen umgegangen?
Nicolas Kretschmann: In Hausarbeiten im Studium ist es meistens so: Man erkennt das Problem und sucht Literatur, die das Problem im Regelfall erörtert. Es handelt sich also meist um schon geregelte Probleme, bei denen man sich an der Literatur entlanghangeln kann. Das Problem bei einer Dissertation ist, dass man mit der Rechtsprechung oder Literatur nicht mehr weiterkommt und man sich auf unbekanntem Terrain befindet, welches noch niemand erkundet hat. Das schreckt erst einmal ab und man braucht den Mut, die Frage überhaupt anzugehen, ohne zu denken, dass man selbst falsch liegt. Dabei ist mir auch die Bedeutung von Methodik für unbekannte Probleme klargeworden, die im Studium ja meistens eher vernachlässigt wird, aber jetzt umso wichtiger ist. Man muss oft zu den Grundzügen zurückkehren und sich die Ausgestaltung von vergleichbaren Situationen anschauen. Diese Bedeutung wird einem auch bewusst, wenn man z.B. das erste Mal selbst eine Analogie begründet und nicht nur die Voraussetzungen einer Analogie prüft.
BayZR: Wie hast Du überhaupt Dein Promotionsthema gefunden? Und wie sieht Deine Herangehensweise bei einer Recherche aus?
Nicolas Kretschmann: Zuerst habe ich mir grob die Richtung vorgegeben, dass ich gerne klassisch im Erbrecht promovieren möchte. Deshalb habe ich mich mit Prof. Dr. Lange zusammengesetzt und mit ihm über mögliche Themen diskutiert, die noch offen sind. Mein Thema hat sich dann im Diskussionsprozess herauskristallisiert. Bei meiner Recherche habe ich geschaut, wie viel Literatur es bereits zu dem Thema gibt. Im Anschluss habe ich die offenen Fragen meines Themas herausgearbeitet und überlegt, wie sich diese Punkte beantworten lassen könnten.
BayZR: Vielen Dank für die spannenden Einblicke in Deine Promotion! Nun zu einer etwas anderen Thematik: Worin besteht Deine Haupttätigkeit? Wie sieht Dein Arbeitsalltag aus?
Nicolas Kretschmann: Der Kern meiner Lehrstuhltätigkeit besteht in der Unterstützung von Prof. Dr. Lange in Lehre und Forschung. Ich helfe unter anderem bei der Recherche für bestimmte Veröffentlichungen, die eine studentische Hilfskraft in diesem Umfang zeitlich und evtl. fachlich nicht schaffen könnte. Unter dem Semester halte ich PÜs, deren Anzahl je nach Umfang der Lehrstuhlstelle variieren. Da ich eine 100%-Stelle besetze, habe ich am meisten Lehrverpflichtung und halte meist 5 PÜs pro Jahr. Dazu kommt zeitlich noch die Vorbereitung der PÜs, die schon einmal etwas umfangreicher ausfällt, wenn Studentinnen und Studenten anspruchsvollere Fragen haben. Neben diesen Tätigkeiten schreibe ich an meiner Doktorarbeit. Meistens stehen die Lehrstuhltätigkeiten und die Arbeit an meiner Dissertation in einem ausgeglichenen Verhältnis.
BayZR: Gehst Du neben Deiner Lehrstuhltätigkeit noch anderen Arbeiten nach (z.B. Korrektur von Klausuren etc.)? Wenn ja, wie lässt sich das mit Deiner Promotion vereinbaren?
Nicolas Kretschmann: Wer als wissenschaftlicher Mitarbeiter arbeitet, hat auch ein gewisses Klausurdeputat, also eine gewisse Anzahl an Klausuren, die man im Semester erfüllen oder korrigieren muss. Die genaue Anzahl richtet sich danach, ob man eine volle Stelle oder eine halbe Stelle am Lehrstuhl hat. Zumeist sind davon nur ein paar Wochen in den Klausurphasen betroffen, das hängt auch sehr von der Art der Klausur ab. Auch zusätzliches Korrigieren von Klausuren ist auf freiwilliger Basis möglich. Sehr zeitintensiv ist die private Wiederholung des Stoffs des ersten Staatsexamens neben der Arbeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter, da ich noch mein zweites Examen vor mir habe und man in diesem auch den Stoff des ersten Examens braucht. Deswegen versuche ich, am Wochenende oder nach Feierabend meine Karteikarten zu wiederholen, um im Stoff zu bleiben und nicht nach 2,5 Jahren am Lehrstuhl hier wegzugehen, ohne je von einer Baugenehmigung gehört zu haben.
BayZR: Warum hast Du speziell diesen Weg gewählt und nicht erst nach dem zweiten Examen und Referendariat promoviert? Wo siehst Du die Vor- und Nachteile?
Nicolas Kretschmann: Mir wurde meine Entscheidung durch zwei Punkte mehr oder weniger abgenommen. Zum einen wurde nach meinem ersten Examen hier am Lehrstuhl eine Stelle frei. Insofern hat sich das angeboten, da die Stellen als wissenschaftlicher Mitarbeiter ja durchaus begrenzt und begehrt sind. Man muss also etwas Glück haben, dass an dem Lehrstuhl, der die eigenen Interessensgebiete widerspiegelt, auch zufällig eine Stelle frei ist.
Der zweite ausschlaggebende Punkt war, wie bei so vielen: Corona. Ich hatte keine Lust im Frühjahr oder auch Herbst letzten Jahres ins Referendariat zu gehen, wo es keinen Präsenzunterricht gab oder teilweise Gerichtsverhandlungen ausgefallen sind, weil niemand wusste, wie man mit dieser Pandemie umgehen sollte. Deswegen, und das war rückblickend auch die richtige Entscheidung, ist die Lehrstuhlzeit eine gute Möglichkeit, diese Phase zu überbrücken. Die Coronazeit ist natürlich für niemanden schön, aber für mich war dies die Option, die für mich mit am wenigsten Einschränkungen verbunden ist. Wir haben am Lehrstuhl alle Einzelbüros, weswegen ich auch fast durchweg die Möglichkeit hatte, in das Büro zu gehen. Im Home-Office lasse ich mich leider recht schnell ablenken, weswegen ich sehr froh war, hier hergehen zu können.
BayZR: Wenn jemand den Weg als wissenschaftliche Mitarbeiterin/wissenschaftlicher Mitarbeiter an einem Lehrstuhl einschlagen möchte – Was würdest Du ihr/ihm raten? Wie bist Du an den Lehrstuhl gekommen und nach welchen Kriterien hast Du diesen Lehrstuhl ausgewählt?
Nicolas Kretschmann: Ich persönlich war bereits seit dem dritten Semester hier am Lehrstuhl, kannte diesen also schon und bin auch ein bisschen mit ihm in meinem studentischen Leben aufgewachsen. Ich denke, dass es so zu einer beiderseitigen Wechselwirkung kam. Dadurch, dass ich so früh am Lehrstuhl war, habe ich früh viel Erfahrung im Erbrecht gesammelt, was später dann auch einer der Hauptgründe war, weshalb sich dieses Interessengebiet herausgebildet hat.
BayZR: Was würdest Du empfehlen? Muss man als studentische Hilfskraft gearbeitet haben, um solch eine Stelle zu bekommen oder gibt es auch Leute, die gar nichts damit zu tun haben und dann als wissenschaftliche Mitarbeiterin/wissenschaftlicher Mitarbeiter an einen Lehrstuhl kommen, um zu promovieren?
Nicolas Kretschmann: Notwendig ist eine vorhergehende Arbeit als studentische Hilfskraft natürlich keinesfalls, jedoch erleichtert dies natürlich den Kontakt. Gerade wenn man deutschlandweit orientiert ist und man nicht zwingend in Bayreuth bleiben will, werden auch häufig Stellen als wissenschaftliche Mitarbeiter ausgeschrieben. Selbstverständlich sind diese Stellen allerdings rar und man braucht eine gewisse Portion Glück, dass eine passende Stelle frei wird, da man häufig auch schon ein gewisses Steckenpferd und Interessengebiet hat, in dem man promovieren will. Was kann ich als Tipp sagen? Zu Beginn ist es wichtig zu entscheiden, ob man überhaupt promovieren will, da wissenschaftliche Mitarbeiter typischerweise auch promovieren. Des Weiteren muss man sich über die Finanzierung klarwerden. Auch muss man entscheiden, ob man die Promotion eher schnell durchziehen möchte, da die Arbeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an einer Universität nicht der schnellste Weg zum Doktortitel ist, weil man auch anderen Tätigkeit nachkommen muss. Interessant ist dieser Weg aber für diejenigen, die in das wissenschaftliche Arbeiten reinkommen wollen und eine Vorstellung davon erlangen möchten, was ein Professor eigentlich macht und wie dessen Alltag aussieht. Zusammengefasst sind die wichtigsten Vorfragen, ob man promovieren will und wie man die Promotion finanzieren will. Sind diese beantwortet, fehlt einem noch etwas Glück.
BayZR: Hast Du bereits Zukunftspläne, wie es nach Deiner Promotion weitergehen soll?
Nicolas Kretschmann: Das ist bei mir ja noch eine Weile hin. Natürlich hat man jetzt erstmal die Hürde des ersten Examens genommen, aber man realisiert schnell, dass dies nur die erste Hürde war und man quasi noch immer in der Ausbildung steckt, auch wenn man formell bereits als Arbeitnehmer gilt und auf dem Papier einen Beruf ausübt, für den man alle möglichen Versicherungen und Steuern zahlen muss. Deswegen liegt mein Fokus danach erstmal auf dem Referendariat. Wie es dann weitergeht wird man schauen müssen, da sich vielleicht die Präferenzen nochmal entwickeln. Im Moment orientiere ich mich eher auf eine anwaltliche, rechtsberatende Tätigkeit hin und werde auch erstmal den Bereich des Erbrechts weiterverfolgen, sollte es kein anderes Gebiet geben, dass mich total fasziniert. Jetzt also versuche ich zuerst ein Fuß in die Praxis zu bekommen, beispielsweise durch erste Aufsätze in der Lehrstuhlzeit und ähnliches und nach dem Referendariat werde ich auch wieder schauen müssen, was die Zukunft bereithält.
BayZR: Nun noch zwei kurze Frage zum Thema Studium: Würdest du zusätzliche Aktivitäten, wie beispielsweise ein Engagement bei Law & Legal, empfehlen? Was sind deine Erfahrungen?
Nicolas Kretschmann: Ich selbst war bei Law & Legal und ich würde es auch jederzeit wieder machen. Natürlich habe ich mich damals gefragt, ob ich mir die Zeit dafür nehmen kann, aber ich hatte damals nicht das Gefühl, dass man es dort mit der Arbeitsbelastung übertreibt. Ich kann es auf jeden Fall jedem empfehlen, da man viele Probleme aus einer praktischen Perspektive kennenlernt, die im Studium vielleicht eher eine untergeordnete Rolle spielen. Auch ist es mal etwas Anderes neben dem Studium und trotzdem bringt es einen im Fach selbst weiter, da man beispielsweise lernt, mit Kommentaren und Rechtsprechung zu arbeiten, oder mit Nichtjuristen zu sprechen. Fähigkeiten, Eigenschaften und Soft Skills, die im Studium eher zu kurz kommen, werden hier vermittelt und erlernt, weshalb es auf jeden Fall empfehlenswert ist.
BayZR: Zum Abschluss würden wir Dich gerne um Tipps für Studienanfängerinnen und Studienanfängern bitten. Und gibt es etwas, was Du im Rückblick auf Dein Studium anders machen würdest?
Nicolas Kretschmann: Es gibt Ratschläge, die kann man in jedem Selbsthilferatgeber lesen. Diese will ich nicht unbedingt wiederholen. Den wichtigsten Tipp, den ich jetzt geben kann, ist, dass man keine Lücken aufkommen lassen sollte. Natürlich ist Freizeit auch eines der wichtigsten Dinge im Studium, aber ich möchte dazu anhalten, das Studium von Beginn an mit der notwendigen Ernsthaftigkeit zu bestreiten, da man von Lücken spätestens in der Examensvorbereitung eingeholt wird. Viele denken, wenn ein Problem aufkommt, dass sie sich das später nochmal genauer anschauen, wenn sie mehr Zeit haben. Problematisch hierbei ist, dass dieser Zeitpunkt in 90 Prozent der Fälle nie kommt, da man auch später nicht mehr Zeit zur Verfügung hat als zu Beginn des Studiums.
Ein weiterer Ratschlag ist, dass man unbedingt ehrlich zu sich selbst sein sollte. Die wichtigste Frage die man sich stellen sollte ist: “Warum will ich Jura studieren? Mache ich das, weil es mir wirklich Spaß macht oder, weil meine Eltern eine Kanzlei haben und ich die Familientradition fortführen muss?” Wenn man das Studium doch nicht so spannend findet, sollte man ehrlich zu sich sein und sich das auch eingestehen. Meiner Meinung nach ist das eine der großen Gefahren des Studiums, dass man durch die Klausuren des Studiums gerade so durchgezogen wird und dann auf einen großen Durchbruch in der Examensvorbereitung vertraut. Solche Fälle gibt es doch eher selten, weswegen man, ich betone es nochmal, unbedingt ehrlich zu sich selbst sein sollte.
Ein letzter konkreter Tipp wäre, unbedingt Lerngruppen zu bilden. Ich finde die Lerngruppe ist eine der effizientesten Möglichkeiten zu lernen, zu verstehen und sich auszutauschen. Ich selbst hatte das Glück mit zwei exzellenten Juristen, die beide viel besser waren als ich, eine Lerngruppe bilden zu dürfen. Diese Diskussionen und der Gedankenaustausch haben mir in der Examensvorbereitung unglaublich geholfen, viele Dinge besser und tiefergehender zu verstehen. Das wären jetzt die drei großen Ratschläge, die ich, zusätzlich zu denen die man überall liest, geben würde.
Was hätte ich anders gemacht? Erst im vierten oder fünften Semester kam bei mir der Punkt, an dem ich mir gesagt habe, dass ich keine Lust mehr habe und es auch nicht nötig ist, auch sonntags in der Bibliothek zu sitzen. Man benötigt einen Ausgleich zum Studium, um sich vom Lernen zu lösen und sollte mindestens einen Tag in der Woche freimachen. Diese konkrete Sache hätte ich anders machen sollen. Des Weiteren hätte ich mich wohl auch etwas mehr für das Strafrecht motivieren sollen, um zu verstehen, was das tolle daran ist, auch wenn meine Leidenschaft eher im Zivilrecht lag. Ich kenne viele tolle Strafrechtler und auch wissenschaftliche Mitarbeiter, die Strafrecht wirklich gerne machen, nur leider hat mich dieses Gebiet (bisher) nie wirklich fixiert.
BayZR: Vielen Dank für die ausführlichen sowie spannenden Antworten zu all unseren Fragen! Wir wünschen Dir auch noch weiterhin viel Erfolg bei Deiner Promotion und für Deinen weiteren Weg!
Tipps zur Examensvorbereitung
von Johannes Herb und Rudi Lang, wissenschaftliche Mitarbeiter an der Universität Bayreuth
Teil 2: Das eigenständige Lernen
Egal, ob kommerzielles Repetitorium oder vollständig eigenständige Vorbereitung, um das (mehr oder weniger) selbstständige Erarbeiten des Lernstoffes wird in der Examensvorbereitung niemand herumkommen. Vorab sei gesagt, dass allgemeingültige Aussagen in diesem Bereich wegen der Eigenheiten eines jeden Menschen besonders schwer zu treffen sind. Daher geht es hier vor allem darum, mögliche Optionen aufzuzeigen. Wichtig ist es in jedem Fall, sich selbst ein Bild zu machen und eine bewusste Entscheidung hinsichtlich der ausgewählten Materialien und der eigenen Herangehensweise zu treffen. Die nachfolgenden Ausführungen beschränken sich daher auf einige Grundsatzfragen, die man für sein individuelles Lernen beantworten sollte.
1. Wann mit der Examensvorbereitung beginnen?
Bevor man sich den inhaltlichen Fragen der Examensvorbereitung zuwendet, sollte man zunächst klären, wann es denn eigentlich mit der Examensvorbereitung losgehen soll. Vorab: Den richtigen Zeitpunkt, mit der Examensvorbereitung zu beginnen, gibt es (leider) nicht. Wenn man in den Grundlagenfächern des Studiums sehr gut gearbeitet hat, spricht nichts dagegen, schon „früh“ mit der Examensvorbereitung zu beginnen, etwa (in meinem Fall) im 5. Semester. Bei der Einschätzung, wie gut man den Stoff bereits verinnerlicht hat, sollte man ehrlich zu sich selbst sein und nicht nur die Abschlussnote einer Klausur einbeziehen, da hier des Öfteren viele Themen eines Rechtsgebiets ausgeschlossen werden. Ich etwa habe im Zivilrecht meine besten Klausurergebnisse erzielt, wusste aber zugleich, dass dort meine größten Lücken klafften. Vor der weit verbreiteten Praxis, sich erst vollständig dem Schwerpunkt und danach dem Pflichtstoff zu widmen, möchte ich warnen. Während des Schwerpunkts die Füße hochzulegen, wird sich in der Examensvorbereitung negativ bemerkbar machen. Man sollte nicht vergessen, dass man am Ende – zumindest für den Einstieg in die Berufspraxis – an den Ergebnissen der staatlichen Pflichtfachprüfung(en) gemessen wird. Das mag man gut oder schlecht finden, jedenfalls sollte es als Maßstab für die eigene Zeiteinteilung nicht aus den Augen verloren werden. Damit möchte ich keinesfalls von einer vertieften Auseinandersetzung mit dem Schwerpunktbereich abraten, schließlich ist allein der psychologische Effekt, hier mit einer (in der Regel) guten Vorleistung ins Examen zu gehen, nicht zu vernachlässigen. Gleichwohl spricht nichts dagegen, parallel den Pflichtfachstoff nachzuarbeiten oder sogar schon mit der Examensvorbereitung zu beginnen. Dabei sollte aber stets der gewählte Schwerpunktbereich berücksichtigt werden. Weist dieser nur sehr geringe Schnittmengen mit dem Pflichtstoff auf und/oder ist sehr zeitaufwändig, kann eine parallellaufende Examensvorbereitung nur schwerlich ertragreich sein und kostet viel Kraft. Nie jedoch sollte der Pflichtstoff während des Schwerpunktstudiums komplett ausgeblendet werden.
2. Dauer des Examensvorbereitung
Die Dauer der Examensvorbereitung sollte ein Jahr nicht unter- und zwei Jahre nicht überschreiten. Egal wie „fit“ man zu Beginn der Examensvorbereitung ist, unter einem Jahr ist die zu bewältigende Stoffmenge in der Tiefe kaum zu durchdringen (wobei es hier selbstverständlich Ausnahmen gibt, die man jedoch als Bestätigung der Regel verstehen sollte). Ebenso rate ich davon ab, die Examensvorbereitung unnötig in die Länge zu ziehen. Man wird sich auch bei exzellenter Vorbereitung kurz vor dem angepeilten Examenstermin nie bestens vorbereitet fühlen. Jedes halbe Jahr, das man dranhängt, ist auch ein halbes Jahr, in dem man bereits Erlerntes wieder vergisst.
3. Abstrakt vs. Konkret
Fälle oder Lehrbuch? Eine der wesentlichen Weichenstellungen für das eigene Lernen betrifft die Frage, ob man sich dem Stoff anhand konkreter Fälle oder abstrakter Ausführungen nähert. Beide Ansätze haben ihre Vor- und Nachteile. Fälle haben neben der Erarbeitung des Stoffs den positiven Nebeneffekt, zugleich die Klausurpraxis näher zu bringen (dazu ausführlich Teil 1). Lehrbücher können hingegen ein umfassendes, fallunabhängiges Wissen vermitteln. Man sollte auf seine eigenen Erfahrungen aus dem Studium vertrauen: Wer beispielsweise bislang sehr gut mit Lehrbüchern gearbeitet hat, sollte diese Gewohnheit nicht anlässlich der Examensvorbereitung aufgeben. Auch umgekehrt sollte man sich bei entsprechenden Erfolgen in der Vergangenheit nicht scheuen, einen fallbasierten Ansatz auch in der Examensvorbereitung weiterzuverfolgen. Natürlich sind Fälle nur insoweit sinnvoll, als zumindest einige Basics für die Falllösung bereits beherrscht werden. Wem es trotz des Durchlaufens der Grundphase des Studiums schon hieran fehlt, der sollte zuerst ein einschlägiges Lehrbuch konsultieren. Ich meine jedoch, dass es keinesfalls zwingend ist, akribisch für jedes Rechtsgebiet ein Standard-Lehrbuch von vorne bis hinten durchzuarbeiten. Gewiss, wenn man ein „Lehrbuch-Typ“ ist, sollte man dies wohl dennoch tun. Wenn man jedoch – wie ich selbst – Lehrbüchern nicht allzu viel abgewinnen kann, sollte man sich auch nicht auf Teufel komm raus dazu zwingen, mit diesen zu arbeiten. Es kann für randständige Rechtsgebiete – etwa das Arbeitsrecht – auch ausreichen, ein Kurzskript heranzuziehen oder sich gar den begrenzten Prüfungsstoff nur mit Fällen zu erarbeiten, da sich die im Examen abgeprüften Problemkreise im Regelfall wiederholen. Zusammenfassend gilt also hinsichtlich der Grundentscheidung abstrakt vs. konkret wie so oft: Es kommt drauf an.
4. Welche Unterlagen?
Im Zusammenhang mit dem vorgenannten Punkt steht die Frage nach den zu verwendenden Unterlagen. Auch hier gibt es keinen stets zielführenden „Blueprint“ zum Traumexamen. Dafür ist die Auswahl schlicht zu groß. Ob Kurzskript oder Großlehrbuch, Aufsatz oder Übungsfall, JuS oder JA, Podcast oder Lernvideo – (gute) Lernunterlagen sind en masse vorhanden. Die wesentliche Aufgabe der Examensvorbereitung ist es, richtig zu filtern. Wichtig ist dabei vor allem eines – Selbstvertrauen. Klar, gute Tipps können sehr wertvoll sein, aber man sollte sich nicht verunsichern lassen, wenn man von allen Seiten das eine Lehrbuch angepriesen bekommt, selbst aber damit gar nichts anfangen kann. „Geheimwissen“ gibt es nicht, die relevante Studienliteratur deckt im Wesentlichen denselben Stoff ab. Es gilt herauszufinden, welche Art der Aufbereitung eben jenes Stoffs für die eigene Vorbereitung am besten geeignet ist.
Dafür muss man sich selbstredend erst einmal ansehen, welche unterschiedlichen Materialien es überhaupt gibt. Man sollte sich deshalb ausreichend Zeit nehmen, den Markt einmal zu sondieren und einen Überblick zu bekommen. Dies ist aufgrund zahlreicher Online-Angebote und Anschauungsmaterial in der Bibliothek problemlos und kostenlos möglich. Der Zeitaufwand hierfür lohnt sich in der Regel. Sollte die Wahl auf bestimmte Materialien gefallen sein, dann ist zu empfehlen, mit diesen auch konsequent zu arbeiten und nicht ständig hin und her zu wechseln. Die enorme Menge an Ausbildungsliteratur ist keine Entschuldigung, alles „ein bisschen“, ergo halbherzig durchzuarbeiten, um zumindest mal „alles gesehen zu haben“. Zusammenfassend sei daher gesagt: es ist entscheidend, wie mit den Unterlagen gearbeitet wird, nicht mit welchen.
5. (Frei-)Zeitgestaltung
Direkt vorab zu diesem Abschnitt: Horrorgeschichten von Studierenden, die in der Examensvorbereitung über 1,5 Jahre hinweg jeden Tag bis tief in die Nacht in der Bibliothek verbracht haben, sollten zum einen Ohr rein und direkt zum anderen wieder raus gehen. Sie sind frei erfunden. Jeder Mensch braucht Pausen. Nur weil die Examensvorbereitung ansteht, ist dieser Satz nicht weniger wahr. Man sollte sich nicht dazu verleiten lassen, die Examensvorbereitung als eine Art „Endzeitszenario“ zu verstehen, in dem das „normale“ Leben aufhört. Klar gibt es Menschen, die am Tag mehr arbeiten können als andere, aber das sollte nicht zu Verunsicherung führen. Denn letztlich kann man die eigenen Kapazitätsgrenzen ohnehin nur bedingt beeinflussen. Das bedeutet umgekehrt natürlich nicht, dass die Examensvorbereitung ein Zuckerschlecken ist. Sie kann ohne Übertreibung als intellektuell, psychisch sowie körperlich anstrengendste Zeit des Studiums – vielleicht sogar des Lebens (wobei natürlich das 2. Examen nicht außer Acht zu lassen ist) – bezeichnet werden.
Maßstab für die eigene Zeiteinteilung sollten sowohl die eigene Leistungsbereitschaft als auch das eigene Leistungsvermögen sein. Denn es ist offensichtlich, dass für ein zweistelliges Examen mehr Aufwand betrieben werden muss als für „Vier gewinnt“. Es ist aber ebenso offensichtlich, dass nicht alle 14 Punkte schreiben können. Man sollte daher stets bemüht sein, weder zu wenig noch zu viel zu tun. Denn auch ein „zu viel“ kann sich negativ auf die eigene Leistung im Examen auswirken. So empfiehlt es sich etwa, zumindest einen Tag in der Woche frei zu nehmen. Damit behält man einen klaren Kopf und verfällt nicht der Fehlvorstellung, dass Jura alles im Leben ist. Je nachdem, wie viel man bereit ist, an einem Tag zu lernen, kann man seine freien Tage natürlich dementsprechend anpassen. Wer von Montag bis Samstag jeden Tag 6 Stunden (effektiv!) lernt, muss kein schlechtes Gewissen haben, den Sonntag beispielsweise in der Natur zu verbringen. Wenn man jedoch – wie ich – jeden Tag ein bisschen Freizeit haben will und nur bis zu 4 Stunden (effektiv!) lernt, der sollte in Erwägung ziehen, auch an den Sonntagen (zumindest ein bisschen) Zeit für die Examensvorbereitung aufzuwenden.
Wie die Freizeit gestaltet wird, bleibt jedem selbst überlassen. Aus meiner Erfahrung bietet Sport jedweder Art ein sehr gutes Ventil, den über den Tag angesammelten Stress abzubauen.
Umfängliche Urlaubsplanungen über die „Lernwochenfreizeit“ hinaus gestalten sich im Rahmen der Examensvorbereitung naturgemäß als schwierig. Es spricht sicher nichts dagegen, mal eine Woche Urlaub zu nehmen. Man sollte es aber nicht übertreiben und die Examensvorbereitung mit einem Globetrotter-Lifestyle verbinden. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und es ist nicht zu unterschätzen, wie schwer es fällt, nach einer komplett Jura-freien Woche – oder gar zwei Wochen – wieder in den Lernrhythmus zu kommen. Es gilt also: weniger ist mehr. Natürlich klingt das erst einmal ernüchternd. Im Anschluss an die schriftlichen Prüfungen bieten sich aber mehr als genug Möglichkeiten, wochen- oder monatelange Urlaube zu genießen – und das ganz ohne Examen „im Nacken“.
Tipps zur Examensvorbereitung
von Johannes Herb und Rudi Lang, wissenschaftliche Mitarbeiter an der Universität Bayreuth
Man könnte eigentlich meinen, zur Examensvorbereitung auf die (erste) juristische Staatsprüfung sei schon alles gesagt. Zu groß sei die Fülle an kommerziellen und nichtkommerziellen Informationen zum Staatsexamen, als dass Bedarf für eine weitere Abhandlung zu diesem Thema bestehe. Doch weit gefehlt. Immer wieder zeigt sich, dass erhebliche Unsicherheiten bzgl. des Examens vorherrschen. Dies betrifft nicht einmal zwingend die inhaltliche Unsicherheit, die „Angst“ vor dem Examen. Vielmehr ist schon die Herangehensweise, sozusagen die Methodik der Examensvorbereitung für viele ein Buch mit sieben Siegeln und nicht selten ein Stolperstein für eine zügige und „erfolgreiche“ (was als erfolgreich gilt, ist der individuellen Einschätzung überlassen) Examensvorbereitung. So stieß eine von den Autoren und weiteren wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern konzipierte Veranstaltung zur Examensvorbereitung an der Universität Bayreuth trotz (oder gerade aufgrund) pandemischer Bedingungen auf ein zahlenmäßig sehr großes Interesse (weit über 100 Teilnehmerinnen und Teilnehmer). Dies diente uns als Bestätigung, dass bei weitem noch nicht „alles gesagt“ ist bzw. zumindest noch nicht für alle verständlich. Mit diesem Beitrag wollen wir einige der unseres Erachtens tragenden Gedanken in leicht „verdaulicher“ Form bündeln und damit einen Überblick über die wesentlichen Bausteine einer erfolgreichen Examensvorbereitung geben.
Dabei erheben wir von vornherein nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Vielmehr werden wir skizzenhaft unsere Antworten auf brennende Fragen zur Examensvorbereitung präsentieren und uns dabei in mehreren kürzeren Kapiteln die unseres Erachtens ausschlaggebenden Gesichtspunkte beleuchten: Den Anfang macht dabei ein Beitrag zum Umgang mit Examensklausuren. Im zweiten Beitrag werden wir euch unsere Überlegungen und Tipps zum Thema „eigenständiges Lernen“ vorstellen. Der aus unserer Sicht dritte – und besonders bedeutsame – Aspekt „Lerngruppen“ wird hier ausgeklammert und bleibt einer eigenen Darstellung vorbehalten.
Der erste Teil des Beitrags (Klausuren) ist aus der Perspektive von Johannes Herb, der zweite (eigenständiges Lernen) aus Sicht von Rudi Lang geschrieben.
Teil 1: Klausuren
In jedem Plan zur Examensvorbereitung sollte das Klausurenschreiben eine zentrale Rolle einnehmen. Einerseits haben die sechs schriftlichen Examensklausuren auf die Gesamtnote den größten Einfluss. Andererseits ist das Klausurformat im Gegensatz zum Klausurinhalt keine große Unbekannte. Niemand kann wissen, ob in seinem Termin nun die „längst überfällige“ Arbeitsrechtsklausur gestellt wird. Weitestgehend vorhersehbar ist aber, dass eine gutachterliche Falllösung verlangt wird. Und wie man der Erwartung der Korrektor:in an eine gute Lösung gerecht wird, lässt sich durchaus einüben.
1. Menge an Klausuren
So sinnvoll das Klausurenschreiben im Abstrakten erscheint, so nervig ist es teilweise im Konkreten. Eine entscheidende Stellschraube ist daher die Klausurmenge: „So viel wie nötig, so wenig wie möglich“ lautet die Devise. Man kann sich dem Thema empirisch und anekdotisch nähern: Eine empirische Auswertung ergab, dass sich jede:r Examenskandidat:in, die sich auf das Klausurenschreiben eingelassen hat, im Laufe der Zeit notentechnisch verbessert hat. Bis zu einer Menge von 40 Klausuren ist belegt, dass – egal mit welcher Ausgangsnote man startet – Übung also wirklich den Meister macht. Dabei muss ich auf zwei Aspekte hinweisen: Erstens ist es nicht so, dass bei mehr als 40 Klausuren der positive Effekt nachlässt. Es gab vielmehr einfach nicht genug Studienteilnehmer:innen mit mehr als 40 Klausuren, um eine valide Aussage treffen zu können. Zweitens ist natürlich auch klar, dass es sich hierbei nur um Korrelationen handelt, nicht zwingend auch um Kausalitäten. Anzunehmen ist beispielsweise, dass Examenskandidat:innen schon allein deswegen im Lauf der Zeit besser werden, weil sie sich schon länger vorbereiten und mehr Stoff gelernt bzw. wiederholt haben. Der empirische Blick legt also nahe, dass es sich lohnt, zumindest 40 Klausuren anzupeilen, erscheint aber nicht zwingend. Aus anekdotischer Perspektive möchte ich aber ergänzen, dass ich noch keine:n Examenskandidat:in getroffen habe, der/die meinte, zu viele Probeklausuren geschrieben zu haben – die nachträgliche Reue, dass mehr Klausuren hilfreich gewesen wären, ist demgegenüber recht verbreitet. Auch wenn man sich überlegt, wie viele Klausuren man braucht, um auch die häufig als unangenehm empfundenen und teils vernachlässigten Nebengebiete (Stichworte: Staatshaftungsrecht, Staatsorganisationsrecht, Familienrecht, Europarecht, Arbeitsrecht) halbwegs zuverlässig abzudecken, wird wohl mit einer Größenordnung von ca. 40 Klausuren nicht schlecht fahren. Bei einer (eher kurzen) Examensvorbereitung von einem Jahr bedeutet das also jede Woche eine Klausur und zwölf Wochen, an denen man pausieren kann. Das ist machbar! Damit es nicht zur zeitlichen Überforderung führt, sollte man aber auch wirklich kontinuierlich und idealerweise (vor allem wenn man sich nur ein Jahr nimmt) von Beginn der Examensvorbereitung an die wöchentliche Klausur einplanen. Wer dagegen im Hauruck-Modus in den letzten Monaten vorm Examen versucht, die Klausur-Schlagzahl deutlich zu erhöhen, läuft nicht nur Gefahr, die wertvolle letzte Phase der Stoffwiederholung zu überfrachten, sondern auch seinen Arm zu überstrapazieren: Eine Sehnenscheidenentzündung ist eklig und heilt zudem nur schnell aus, wenn man den Arm konsequent schont – Klausurenschreiben kann man dann ganz abhaken.
2. Wie komme ich an Klausuren heran?
Die meisten Universitäten bieten einen kostenlosen, wöchentlichen Klausurenkurs an, häufig auch mit ehemaligen Originalklausuren. Die Teilnahme daran kann ich nur empfehlen. Wer darüber hinaus Examensfälle sucht (etwa für die Lerngruppe oder zum eigenständigen Schreiben/Gliedern), wird vor allem in (Ausbildungs-)Zeitschriften fündig. Neben den klassischen, kostenpflichtigen, aber in jeder Bibliothek verfügbaren Kandidaten JuS, JA und JURA möchte ich insbesondere noch die Zeitschrift für das Juristische Studium (zjs-online.com) empfehlen: Sie hat den Vorteil, vollständig open access zu sein und bietet auch qualitativ ansprechende Lösungen, mitunter auch von Originalklausuren. Für das öffentliche Recht lohnt sich zudem der Blick in die Bayerischen Verwaltungsblätter (BayVBl); dort finden sich nämlich (mit dreijähriger Verzögerung) die bayerischen ÖR-Originalklausuren inklusive eines authentischen Lösungsvorschlags der Klausurersteller:in. Gerade diese Klausurlösungen kann man auch dazu verwenden, um sich mit dem Erwartungshorizont im Examen vertraut zu machen. Hilfreich, besonders im Hinblick auf die Klausurtechnik, ist zudem die Studentische Zeitschrift für Rechtswissenschaft (StudZR), weil sie gelungene studentische Lösungen – ergänzt um Korrekturen und Verbesserungsvorschläge – abdruckt.
Anders als auf Zeitschriften habe ich auf Fallbücher nur selten zurückgegriffen. Das liegt zum einen daran, dass ich teils den Eindruck hatte, dass es der/dem – akademischen – Autor:in mehr darum ging, ihre (vermeintlich) besonders gelungene dogmatische Lösung zu präsentieren als dem Erwartungshorizont des Examens zu entsprechen. Zum anderen sind Fallbücher häufig nach Rechtsgebieten aufgeteilt (z.B. nur Schuldrecht/Sachenrecht), Examensklausuren prüfen demgegenüber oft gerade die Schnittstellen zwischen den einzelnen Gebieten ab: etwa vom Einspruch gegen das Versäumnisurteil über die kaufrechtliche Gewährleistung zu § 377 HGB (so die erste Klausur BY im Termin 2018/I). Solche Konstellationen sind in Fallbüchern in meinen Augen eher unterrepräsentiert.
3. Klausurnachbereitung
Wer den zeitlichen Aufwand einer Probeklausur mit fünf Stunden ansetzt, vergisst einen entscheidenden Part: die Nachbereitung. Jede Klausur sollte, auch wenn einem die Korrektur (berechtigter- oder unberechtigterweise) unbrauchbar erscheint, nachbereitet werden. In Minimalform besteht die Nachbereitung darin, die Besprechungsveranstaltung zu besuchen und/oder die Musterlösung durchzuarbeiten und mit der eigenen Arbeit zu vergleichen. Dabei auftretende Verständnisschwierigkeiten können am besten mit einem Lehrbuch ausgeräumt werden (der Blick in Kommentare ist meist entbehrlich). Darüber hinaus kann es sich lohnen, die eigenen Klausuren zu erfassen: Ich habe etwa eine Excel-Tabelle angelegt und mir notiert, welche Themen abgefragt wurden. So kann man sicherstellen, dass man die wichtigsten Rechtsgebiete/Probleme schon abgedeckt hat bzw. die Lücken gezielt schließen. Auch bietet es sich an, die zentralen Korrekturbemerkungen zu notieren. Dadurch werden größere Zusammenhänge sichtbar und man bekommt ein Gespür für seine klausurübergreifenden Stärken und Schwächen (Wird z.B. wiederholt die Schwerpunktsetzung bemängelt, andererseits aber das methodenorientierte Vorgehen gelobt?). Ob man auch die Note festhält, ist Geschmackssache: Während die eine ein positiver Trend motiviert, ist der andere ggf. von einem (erneut) schlechtem Resultat frustriert. In der Tendenz ermöglicht eine Erfassung aber natürlich eine realistische Selbsteinschätzung.
4. Probeexamen
An vielen Jura-Fakultäten, auch an der Uni Bayreuth, wird ein Probeexamen angeboten. In meinen Augen ist es sehr sinnvoll, daran zumindest einmal vollständig teilzunehmen. Das Probeexamen hat eine Reihe von Vorteilen: (1.) Es werden üblicherweise aktuelle Originalklausuren gestellt, wodurch man einen authentischen Eindruck davon bekommt, was einen im Examen erwartet. (2.) Das Probeexamen wird in der gleichen Zeitspanne von knapp zwei Wochen geschrieben wie das richtige Examen. Dadurch kann man für sich selbst feststellen, wie stark man nach mehreren Klausuren ausgelaugt ist, ob es beispielsweise realistisch ist, nach den Klausuren noch Stoff zu erarbeiten und wie man psychisch (z.B. guter/schlechter Start in die Klausuren) sowie physisch (etwa Handprobleme) mit der Situation zurechtkommt. (3.) Häufig (und auch in Bayreuth) wird das Probeexamen von Praktiker:innen korrigiert, die im richtigen Examen prüfen. Die Noten entsprechen also auch einem authentischen Korrekturmaßstab. Für mich ist das Probeexamen der aussagekräftigste Indikator für das Examen: Schlechter wird es sehr selten, meistens entspricht das Ergebnis (plus bis zu zwei/drei Punkte) dem aus dem richtigen Examen.
5. Umgang mit unbekannten Normen
Ein Aspekt, der viele Examenskandidat:innen abschreckt, ist die Vorstellung, dass man in Klausuren mit unbekannten Vorschriften konfrontiert wird. In Wahrheit sollte man für solche Klausuren aber dankbar sein, weil sie darauf ausgelegt sind, Verständnis statt Wissen abzuprüfen. Gerade deswegen sind sie auch besonders beliebt bei Prüfungsämtern; vor allem im öffentlichen Recht kann man mit solch einer „wilden“ Klausur fast schon rechnen.
Der erste Schritt, wie man einen derartigen Fall – z.B. bei mir Feuerwehrrecht – in den Griff bekommt, ist das Mindset: Man muss sich klar machen, dass nichts Unmögliches verlangt wird. Das bedeutet insbesondere, dass man auf sein Verständnis aus dem Pflichtfachstoff (hier: Gefahrenabwehrrecht, in Bayern also PAG und LStVG) zurückgreifen kann. Außerdem kann man sich sicher sein, dass für die Lösung kein besonderes Detailwissen erforderlich sein wird, sondern regelmäßig sorgfältiges Lesen und solide Auslegungsarbeit genügen.
Dementsprechend sollte man sich in einem zweiten Schritt die Zeit nehmen, um sich mit den neuen Normen vertraut zu machen. Bei einem unbekannten Gesetz kann dazu z.B. dessen Inhaltsverzeichnis einen wertvollen Überblick verschaffen.
Im dritten Schritt vergleicht man die Regelung mit dem gewohnten Terrain des Pflichtfachstoffs: Einerseits gilt es zu klären, in welchem Verhältnis die beiden Normenbestände zueinanderstehen (z.B. ob es ein lex specialis gibt, das die Anwendung allgemeinerer Normen sperrt). Andererseits muss man sich überlegen, ob die Probleme, die einem etwa aus dem LStVG (Bsp.: Störerauswahl) bekannt sind, übertragbar sind.
Behält man diese Überlegungen im Hinterkopf, meistert man auch diesen Klausurtyp!
Renzension "Vollbefriedigend"
Unsere Redakteurinnen Judith Witt und Lena Bitz haben den Jura-Roman „Vollbefriedigend“ von Prof. Dr. Tonio Walter (Verlag Königshausen & Neumann, ISSN: 978-3-8260-6742-6, September 2020) unter die Lupe genommen. Da uns der Verlag zwei Rezensionsexemplare zur Verfügung gestellt hat, haben wir uns dafür entschieden, jeweils den Eindruck einer Studentin in der Grundphase und den einer Studentin in der Examensvorbereitung abzubilden.
Zum Inhalt
Thomas beginnt gemeinsam mit seinen Freunden das Studium der Rechtswissenschaft an einer süddeutschen Universität. Sowohl an der Fakultät als auch in der Stadt spielen sich bemerkenswerte Dinge ab: ein Skandal um illegale Medikamenten-Versuche, in den auch so mancher Professor der juristischen Fakultät verwickelt zu sein scheint; Erpressungsversuche eines Unbekannten, der diesen Skandal öffentlich machen will und Affären von Dozenten mit ihren Studentinnen.
Kritik von Lena
Der Titel des Romans von Tonio Walter verspricht der Leser:in zwei Dinge: spannende juristische Probleme und anrüchige Affären der handelnden Charaktere. Außerdem lässt sich, zugegebenermaßen unbegründet, ein schlechter Juristenhumor befürchten. Aber kann der Titel sein Versprechen halten?
In die spannende Hintergrundgeschichte des Romans, dem Impfskandal am Universitätsklinikum, sind verschiedene Charaktere der juristischen Fakultät verwoben. Diese sind auf ihre Art charmant überzeichnet und bringen den juristischen Leser zum Schmunzeln, der sich unwillkürlich an die Eigenheiten seiner (ehemaligen) Fakultätsangehörigen erinnert. Auch das Fakultätsleben als solches wird mit einem Augenzwinkern realitätsnah abgebildet: von der Fakultätsratssitzung über Rivalitäten und Seilschaften im Professorium bis zu den selbstdarstellerischen Unterhaltungen mancher Kommiliton:innen. Es bleibt unklar, welche Geschichte eigentlich erzählt werden soll, da sich die verschiedenen Fäden zwar berühren, aber doch nicht ganz zusammenlaufen wollen. Trotzdem ist die Geschichte stimmig und lebhaft.
Die im Roman dargestellten juristischen Probleme – allen voran diejenigen, die die Menschenwürde betreffen – sind keinesfalls neu, aber trotzdem spannend in die Erzählung eingewoben. Die durch die Charaktere eingebrachte Argumentation ist vielseitig und nachvollziehbar. Die meisten geschilderten (Vorlesungs-)Fälle sind bekannt und bewährt; aber auch einige unbekannte Fallgestaltungen regen zum Mitdenken an.
In puncto Sexualität verfehlt der Roman jedoch sein Versprechen. Ich hätte mir interessante Affären und wilde Liaisons gewünscht. Affären gibt es viele – insbesondere zwischen Personen, die sich nicht auf Augenhöhe begegnen. Sie werden aber nur recht oberflächlich abgehandelt. Der Roman bleibt immer dann zu brav, wenn es eigentlich interessant wird. Mit viel gutem Willen könnte man vielleicht meinen, dass diese Ausführungen dem Vorstellungsbild des Lesers überlassen sind, aber andererseits bleibt dem Leser vieles nicht erspart: Die Figuren bewegen sich mit einem übersexualisierenden Blick durch die sie umgebende Welt. Ihre Gedanken sind dabei oft so stumpf und eindimensional, wie diejenigen eines 13-jährigen Teenagers, der sich seiner Hormone nicht erwehren kann. Schade!
In erfreulichem Widerspruch dazu steht die Diktion des Romans: Das Auftreten der einzelnen Persönlichkeiten wird – ihren Charakterzügen entsprechend – mit verschiedenen Schreibstilen skizziert. Dabei fließen die Umschreibungen der Umgebung über in die Gedanken der handelnden Person und wieder zurück. In meinen Augen eine interessante Perspektive, an die man sich nach einer anfänglichen Verwirrung schnell gewöhnt und die die überzeichneten Figuren ein wenig greifbarer macht. Getrübt wird der insgesamt gelungene Ausdruck jedoch durch einige Formulierungen, die auf den juristischen Leser wohl wie ein Insider wirken sollen – aber tatsächlich nur den Lesefluss stören; zum Beispiel die gehäufte Verwendung von „in Verbindung mit“, das in Verbindung mit den darauffolgenden alltäglichen Schilderungen ein wenig zu gewollt erscheint.
Insgesamt hat Tonio Walter mit „Vollbefriedigend“ eine spannende Geschichte geschrieben, die für juristische, aber auch nicht-juristische Leser durchaus fesselnd sein kann. Wer die sexualisierende Brille, durch die die Figuren ihre Umwelt wahrnehmen, ignorieren kann, dem ist die Lektüre zu empfehlen. Mir hat die Brille jedenfalls viel Freude genommen.
Kritik von Judith
Wie schon erkennbar, handelt es sich um eine durchaus spannende Story, die allerdings sehr viele Handlungsstränge auf einmal beinhaltet. Obwohl am Ende vereinzelt Verknüpfungen sichtbar werden, wirkt die Geschichte dadurch etwas verworren und überfrachtet.Recht irritierend ist die permanente Übersexualisierung sämtlicher Charaktere und die Einarbeitung zahlreicher Klischees, bei denen am Ende unklar bleibt, ob sie nun satirisch oder ernst gemeint sind. Dem Leser wird dadurch oft eine Sicht der Dinge aufgezwungen, die er eigentlich nicht einnehmen möchte. Auch werden die Sexszenen zwar häufig vulgär, aber ziemlich platt geschildert, sodass das Potential des Titels nicht wirklich ausgenutzt wird.
Positiv hervorzuheben sind die realistische Darstellung der Hauptfiguren und ihrer Probleme zu Beginn des Jura-Studiums. Partys, die aus dem Ruder laufen, vergeistigte Dozenten, unerfreuliches Mensa-Essen – all das wird durchaus realistisch und humorvoll dargestellt. Insbesondere die Erfahrungen der Hauptfiguren mit der Deutschen Bahn sind nur allzu lebensnah geschildert. Auch die Charaktere der verschiedenen Professoren sowie die Einblicke in ihren Umgang miteinander, zum Beispiel in der Sitzung des Fakultätsrats, bereichern das Buch. Sprachlich ist der Stil zum Teil etwas langatmig und wartet mit einigen Schachtelsätzen auf; der ein oder anderer Wortwitz hat mich jedoch durchaus zum Schmunzeln gebracht.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Autor eine fesselnde Geschichte geschrieben hat, die mit juristischen Anspielungen gespickt ist und er durchaus hin und wieder Humor beweist. Allerdings wird der Lesespaß durch die permanente Übersexualisierung deutlich getrübt, sodass das Buch insgesamt nur bedingt empfehlenswert ist.
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